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FRÜHLING 2016 - 7 FRANKEN OBSESSIONEN UHREN Die besten Geschäfte 2016 Die extremstem Kreationen UNTERWEGS Die Pampa Argentiniens JAZZ Die Pariser Szene swingt ARCHITEKTUR Mario Botta: gebautes Erinnern KUNST Teherans Aufbruch Die Dada-Bombe

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Die besten Geschäfte 2016Die extremstem Kreationen

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Mario Botta: gebautes Erinnern

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Teherans AufbruchDie Dada-Bombe

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BLACK BAYBRONZE

SATINIERTES GEHÄUSE IN BRONZEDURCHMESSER VON 43 MMWASSERDICHT BIS 200 METERMANUFAKTURWERK

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Gehäuse aus einer Aluminium-Bronze-Legierung. DiesesMetall nimmt ästhetischenBezug auf historische Schiffeund Taucherausrüstungen undgewährleistet die Entstehungeiner dezenten und einzigartigenPatina, die die Gewohnheiten desTrägers der Uhr widerspiegelt.

Manufakturwerk TUDORMT5601. Das Uhrwerk verfügtüber eine Gangreservevon circa 70 Stunden, wirdvon einem Oszillator mitvariabler Trägheit mit einerSiliziumfeder reguliertund wurde vom SchweizerPrüfinstitut Contrôle OfficielSuisse des Chronomètres(COSC) offiziell zertifiziert.

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einer dezenten und einzigartigen Patina, die die Gewohnheiten des

MT5601. Das Uhrwerk verfügt

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Prüfi nstitut Contrôle Offi ciel

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Gehäuse aus einer Aluminium-Bronze-Legierung. Dieses Metall nimmt ästhetischen Bezug auf historische Schiff e und Taucherausrüstungen und gewährleistet die Entstehung einer dezenten und einzigartigen Patina, die die Gewohnheiten des Trägers der Uhr widerspiegelt.

Manufakturwerk TUDOR MT5601. Das Uhrwerk verfügt über eine Gangreserve von circa 70 Stunden, wird von einem Oszillator mit variabler Trägheit mit einer Siliziumfeder reguliert und wurde vom Schweizer Prüfi nstitut Contrôle Offi ciel Suisse des Chronomètres (COSC) offi ziell zertifi ziert.

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Magazin zur Ausgabe der «Finanz und Wirtschaft» vom 16. März 2016. LUXE ist eine gemeinsame Publikation von «Bilan» und «Finanz und Wirtschaft» und erscheint vier Mal jährlich.

VERLAG Finanz und Wirtschaft AGWerdstrasse 21, Postfach, 8021 ZürichTelefon 044 248 58 00, Fax 044 248 58 15www.fuw.ch, [email protected]

VERLEGER Pietro SupinoVERLAGSLEITER Walter VontobelCHEFREDAKTOR Mark DittliREDAKTION Hans Uli von ErlachANZEIGENVERKAUFTamedia Publications romandes WerbemarktWerdstrasse 21 - 8021 ZürichTel. 044 251 35 [email protected]

ART DIRECTOR Enzed, Mélanie & Nicolas Zentner,Mathieu Moret BILDREDAKTION David Huc

MITWIRKENDEDino Aucielo, Sylvie Bernaudon, Dominik Büttner, Emilie Cailleux, Vincent Calmel, Jean-Cosme Delaloye, Etienne Dumont, Fabrice Eschmann, Daniel Eskenazi, Jorge Guerreiro, Serge Guertchakoff, David Huc, Sarah Jollien-Fardel, Michael Lang, Olivia Lee, Michele Limina, Patricia Lunghi, Quentin Mouron, Marc Ninghetto, Sylvie Roche, François Wavre

ÜBERSETZUNGBéatrice Aklin, Sabine Dröschel, Gian Pozzy,

BILAN LUXEVERLEGERTamedia Publications SACHEFREDAKTORMyret ZakiREDAKTIONELLE LEITUNGCristina d’AgostinoMARKETING Dahlia Al-Khudri, [email protected] David Olifson,[email protected]

FOTOLITHOImages3 Lausanne

DRUCKStämpfli AGAuflage 57 000ISSN 1664-0152

Ls gibt Wörter, die sind plötzlich da. Smart ist

ein solches Wort. Seit ich es zum ersten Mal

wahrgenommen habe, als Nicolas G. Hayek Mit-

te der Achtzigerjahre das kleine Stadtauto zu

vermarkten begann (das – smart eben! – sogar

quer in eine Parklücke passte), wird die moder-

ne Gesellschaft von einer wahren Smart-Lawi-

ne überrollt. Von Smart Drugs und Smart Work

über Smart Grid bis zum Schnäppchenjäger, der

heute Smartshopper heisst, und zur Smartcard, deren Chip Spuren unserer

intimsten Daten hinterlässt. Sogar Zigaretten, Coiffeursalons und Dunstabzü-

ge findet, wer nach „smart“ googelt. Und natürlich das Smartphone, das viel

mehr kann, als wir je begreifen werden, und ohne das sich heute jeder völlig

un-smart vorkäme.

Auf Seite 28 dieser Ausgabe berichtet Emilie Cailleux vom rasanten Vor-

marsch der Smartwatches, die immer ausgeklügelter werden und im letzten

Quartal 2015 mit weltweit 8,1 Mio. verkauften Einheiten erstmals den Absatz

von mechanischen Schweizer Uhren (im selben Zeitraum 7,9 Mio. Stück)

übertroffen haben. Beinahe im Stundentakt bringt der digitale Uhrenmarkt

Neuheiten, die naturgemäss viel mehr bieten als blosse Zeitansage und da-

mit wohl auch ein anderes Publikum ansprechen.

Oder doch nicht? Jedenfalls haben längst einige der namhaftesten Schwei-

zer Uhrenmanufakturen die digitalen Zeichen der Zeit erkannt und verblüf-

fen mit Chips statt mechanischer Komplikation, mit Screen statt Zifferblatt,

mit Datenübertragung statt Tourbillon und Vernetzung statt Gangreserve.

Und es sind womöglich dieselben Sammler und Liebhaber, die jetzt faszi-

niert und entzückt sind von den unendlichen Möglichkeiten der digitalen

Intelligenz. Es ist das gleiche Staunen wie über die technischen Wunderwer-

ke aus hunderten von Zahnrädchen. Die neue, alte Uhrenindustrie hat er-

kannt, dass nicht ein bisheriger, erfolgreicher Markt abbricht, sondern dass

ein neuer sich parallel dazu auftut.

Gleichzeitig haben die von Erfinder- und Innovationsgeist besessenen Play-

er der traditionellen Haute Horlogerie das mechanische Uhrwerk nochmals

übertrumpft und ausgereizt, haben es mit immer komplexeren Mechanis-

men weiterentwickelt, mit Scharfsinn und Handwerkskunst bisher Unvor-

stellbares möglich gemacht, wie Kollegin Cristina d‘ Agostino ab Seite 25 auf-

zeigt. Die Obsession: Nur das Gute kann den Durchschnitt überflügeln. Und

nur das Bessere kann selbst das Gute überbieten.

Eigentlich eine typisch schweizerische Philosophie: das Neue vorantreiben

und das Bewährte optimieren. Beides auf höchstem Niveau. Denn stehen

bleiben wäre, besonders bei einer Uhr, fatal. Und gar nicht smart!

Wir sind alle smartED

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LHans Uli von Erlach Redaktion «Luxe»

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT8

10 REFLEX Maxime Guyon / 12 AGENDA

14 MUST HAVE / 16 AUSBLICKE Zwischenhalt / 17 GEWUSST Alexander Girard 18 CULTURE CLUB Annabel’s / 20 DIREKT AUS... / 21 TECHNOSOPHIE

50 KULTUR

Kunstfrühling in Teheran 55 KUNST

Dada, die Bombe von Zürich 58 BOUDOIR

Anne Walser 62 ARCHITEKTUR

Labyrinth aus BambusMario Botta

68 MUSIK

Unwiderstehlich Jazz 72 MODE

DetailverliebtSchweizer Sportswear

Inhalt

22 UHREN

Die Zeit der ObsessionenSmarte Welt

Uhrmacherkunst von morgenHYT und Greubel Forsey

32 INTERVIEWS

Ricardo Guadalupe vis-a-vis Flavio Manzoni

Jean-Paul Girardin vis-a-vis Markus Binkert

36 BEST BOUTIQUE AWARD

42 DESIGN

Obsession der Form 44 SHOOTING

Uhren-Trends

Alexander Girard

78 REISEN

Im Herzen der Pampa 83 ABENTEUER

Zirkuskünste in der Sonne 84 DUFTNOTIZEN

85 BEAUTY

87 SAVOIR-FAIRE

Die neue Nase von Hermès 88 AUTO

Allräder der Luxusklasse 92 DIGITAL

Titelbild:Foto:VincentCalmelOutfit:HackettLondon

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT10

Reflex

«Luxe» erteilt der jungen Generation der frisch diplomierten ECAL-Fotografen in jeder Ausgabe Carte blanche. Sie sollen einen kreativen Blick auf Luxus mit Bezug zum Thema des Magazins werfen. In Zusammenarbeit mit der ECAL wird für jede Ausgabe ein neuer Künstler ausgewählt.

«Ich wollte die Ästhetik der Uhrenkomplikationen mit den hochkommerziellen Codes der Haute Horlogerie kombinieren. Die hyperrealistischen Abbildungen haben mir dabei als Leitmotiv gedient.»

Maxime Guyon (1990 in Frankreich geboren) hat die Fotoklasse der Lausanner Kunstschule ECAL im Jahr 2015 mit Auszeichnung abgeschlossen. Seine Arbeit bewegt sich zwischen der ständigen Weiterentwicklung technischer Funktionen in der heutigen Gesellschaft und der Rolle des Fotografen in der Post-Internet-Ära.

www.maximeguyon.com/technological_exaptation – www.ecal.ch

Maxime Guyon

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 11

T H E F O R D M O T O R C O M P A N Y P R E S E N T S

V O L L E N D E T ,U M D A S B E S T EA U S I H R E R Z E I T

Z U M A C H E N .

ford.ch

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT12

International

Der 1510 verstorbene und bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts in Vergessenheit geratene Sandro Botticelli hat genügend ikonische Gemälde geschaffen, um nachgeahmt und den unverfrorenen Ikonoklasten zum Frass vorgeworfen zu werden. Nach Berlin sind die Neuinterpretationen seines Schaffens vom 5. März bis 3. Juli auch in London zu sehen. Neben den Aneignungen durch englische Prä-Raffaeliten der 1880er-Jahre, durch Andy Warhol und David LaChappelle umfasst die Ausstellung echte Botticellis aus Florenz und anderen Schaffensorten. www.vam.ac.uk

Ein Selbstporträt ist eine Selbstwahr-nehmung: Jeder Künstler und jeder Amateurfotograf stellt sich so dar, wie er gerne gesehen würde. Die in einem Gemeinschaftsprojekt von drei Museen in Karlsruhe, Lyon und Edinburgh entstan-dene Ausstellung aus 130 Werken setzt sich mit dem Thema auseinander und regt zum Nachdenken an. Neben einem Robert Mapplethorpe kann ein Rembrandt einen ganz anderen Sinn erhalten. Die nächste Station ist Lyon (25. März bis 26. Juni), danach folgt Edinburgh. www.bba-lyon.fr

Henri Rousseau (1844–1910) wurde von Apollinaire und Picasso nicht immer ganz frei von schrägen Zwischentönen gefeiert. Retros-pektiven seiner Werke sind aufgrund der fragilen Gemälde selten. Dennoch haben das Musée d’Orsay und die Orangerie die ihren für eine Ausstellung zusammengelegt. Sie wurde letzten Sommer in Ve-nedig gezeigt und kommt jetzt als erweiterte Werkschau nach Paris (22. März bis 17. Juli). Darin wird «Le Douanier» in seinen zeitlichen Kontext gesetzt, sodass die Zusammenhänge mit seinen Vorgängern und seinen Erben ersichtlich werden. www.musee-orsay.fr

Der holländische Maler starb 1516. Seine Geburtsstadt ‘s-Hertogen-bosch besitzt kein einziges seiner Werke, hat für diese Ausstellung aber über zwanzig der rund dreissig bekannten Gemälde als Leihga-be erhalten. Zu sehen sind etwa «Das Narrenschiff» aus dem Louvre und «Der Hausierer» aus Rotterdam. «Der Garten der Lüste» (im Bild) hingegen fehlt. Dieses Bild bleibt in Spanien, der zweiten Station der Retrospektive, die so schnell wohl keine Neuauflage erleben wird. In ’s-Hertogenbosch vom 13. Februar bis 8. Mai, www.bosch500.nl, in Madrid vom 31. Mai bis 11. September, www.museodelprado.es

«HIERONYMUS BOSCH. VISIONEN

EINES GENIES» Noordbrabants

Museum ‘s-Hertogenbosch und Prado Madrid.

«ICH BIN HIER. VON REMBRANDT

ZUM SELFIE» Musée des

Beaux-Arts Lyon «HENRI ‘LE DOUANIER’

ROUSSEAU. DIE ARCHAISCHE

UNSCHULD» Musée d’Orsay

Paris

«BOTTICELLI REIMAGINED»

Victoria & Albert Museum London

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 13

Schweiz

Das Privatmuseum in Riehen hat die Werke von Alexander Calder bereits mehrfach ausgestellt. Der Amerikaner hatte dort eine Zeitlang sogar eine eigene Galerie. Diesmal verbindet die Fondation Beyeler Calder mit dem Künstlerduo Peter Fischli und David Weiss († 2012), die auch als Regisseure des Films «Der Lauf der Dinge» in Erinnerung geblieben sind. Im Fokus der spielerischen Skulpturenausstellung vom 29. Mai bis 4. September steht der Moment des fragilen Gleichgewichts. www.fondationbeyeler.ch

Sie war die blauhaarige Fee der «Expo1», zu der es nie kam. Seither hat die mitt-lerweile 54-jährige St. Gallerin mehrere künstlerische Höhen und Tiefen erlebt. Für Zürich realisiert sie auf tausend Quadratmetern eine raumgreifende Installation. Die Ausstellung ist eine Art Rückblick auf das bisherige Schaffen der schillernden Videokünstlerin, bezieht aber auch neue Werke mit ein, darunter «Worry Will Vanish Horizon» (im Bild), das in der Londoner Galerie Hauser & Wirth seine Premiere feierte. 26. Februar bis 8. Mai, www.kunsthaus.ch

Anlässlich der offiziellen Eröffnung des erwei-terten Kunstmuseums am 17. und 18. April startet auch die grosse Sonderausstellung «Sculpture on the Move». Sie präsentiert das künstlerische Medium der Skulptur im Spannungsfeld der Bewegung. Das Panorama reicht von 1946 bis heute und von Alexander Calder bis Matthew Barney. Der ingeniöse Neubau von Christ & Gantenbein wurde termingerecht und ohne allzu viele Mehrkosten fertiggestellt. Auch während der Bauarbeiten waren einige der Kollektionen zugänglich. Eine durch und durch gelungene Sache! www.kunstmuseumbasel.ch

NEUES KUNSTMUSEUM

BASEL

«PIPILOTTI RIST»Kunsthaus Zürich.

«ALEXANDER CALDER/

FISCHLI-WEISS»Fondation Beyeler

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Der Franzose war bereits 1984/1985 Gast des Museums. Jetzt kommt er aus Anlass des 100-Jahre-Jubiläums der Dada-Bewe-gung zurück nach Zürich. Picabia (1879–1953) war das Bindeglied zwischen der Schweizer Metropole und Paris, wohin die Dadaisten nach 1918 übersiedelten. Vom 3. Juni bis 25. September werden über 150 seiner Werke gezeigt – von seinen Anfängen als impres-sionistischer Maler über seine Dada-Phase bis zu den Kitsch-Ge-mälden der Vierzigerjahre. Der Provokateur wollte dem guten Geschmack immer den Garaus machen. www.kunsthaus.ch

«FRANCIS PICABIA. EINE

RETROSPEKTIVE»Kunsthaus Zürich

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT14

Memphis

Mit den schrillen Farben und den schrägen Formen, den fröhli-chen Motiven und Punk-Akzenten feiert das Design der Mem-phis-Gruppe, 1989 von Ettore Sottsass in Mailand gegründet, eine Renaissance und inspiriert wie eh und je. Patricia Lunghi

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BIG SURAsymmetrisches, farbenfrohes Sofa aus lackiertem Holz und Wolle. Eine Kreation des amerikanischen Designers Peter Shire für Editions Memphis Milano aus dem Jahr 1986.Preis: 12 908 €

SHOGUNDie Leuchte Shogun von Mario Botta reflektiert seine Architektur und ist ein Symbol für postmodernes Design. Sie wird weiterhin im Katalog von Artemide aufgeführt. Preis: 740 Fr.

LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

Mit den schrillen Farben und den schrägen Formen, den fröhli-chen Motiven und Punk-Akzenten feiert das Design der Mem-phis-Gruppe, 1989 von Ettore Sottsass in Mailand gegründet,

PILASTROKartell ehrt Memphis und Sottsass mit der Neuedition einer vom Meister konzipierten originellen Kollektion, darunter den Hocker Pilastro in knalligen Farben. Preis: 304 Fr.

wird weiterhin im Katalog von Artemide aufgeführt. Preis: 740 Fr.

MURMANSK Diese riesige Fruchtschale aus Silber (30 cm hoch) war eines der ersten Stücke, die Sottsass 1982 für Memphis kreierte. Dreissig Jahre später wird sie weiterhin aufgelegt. Preis : 4978 €

DRUNKENSIDE TABLEDer talentierte, junge Designer Lee Broom aus England signiert diesen Beistelltisch aus Corian. Eine klare Referenz an die Postmoderne der Achtzigerjahre. Preis: 6825 €

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 15

B O U T I Q U E SGENEVE • GSTAAD • LUZERN

ZURICH • ZERMATT

Classic Fusion Aeromoon King Gold.Gehäuse aus der einzigartigen Rotgold-Legierung King Gold. Zifferblatt aus Saphirermöglicht Einblicke in das Uhrwerk und zeigtMondphasen, Kalender, Tag und Monat an.

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT16

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Von Dinard über Paris, Dubai nach St-Légier – eine Auswahl attraktiver Adressen, die man diesen Frühling testen sollte. Cristina d’Agostino

HÔTEL CASTELBRAC. DINARD

Das Haus aus dem 19. Jahrhundert beherbergt neu ein Hotel mit 25 Zimmern. Die Villa Bric à Brac war 1874 Wohnsitz des berühmten englischen Colonel Robert Hamilton, 1934 des Meeresbiologen Professor Gruvel. Auf Anregung des Polar-forschers Capitaine Charcot entstand hier vor dem Zweiten Weltkrieg eine maritime Forschungsanstalt mit Aquarium. Das Fünfsternehaus in der Bretagne ist ganz im Jugendstil gebaut. Besonders sehenswert ist die im einstigen Aquarium unterge-brachte Bar, wo das sanfte Halbdunkel unterbrochen wird vom durch die origi-nalen Luken einfallenden Licht. Der Blick auf Atlantik und Smaragdküste ist ebenso entspannend wie atemberaubend.

M.A.D. GALLERY. DUBAÏ

Nach Genf und Taipeh gibt es nun auch eine M.A.D. Gallery in Dubai, im Herzen der AlSerkal Avenue. Im angesagten Quartier werden seit 2007 diverseste Kunstformen gepflegt. Zahlreiche renommierte inter-nationale Kunstgalerien haben hier ihre Zelte aufgeschlagen, einige sind an der Art Dubai äusserst aktiv. Maximilian Büsser, schweizerisch-indischer Gründer der M.A.D. Gallery, sorgte zusammen mit dem japanischen Künstler Chicara Nagata und den drei unvergleichlichen «Road Machi-nes» für einen aufsehenerregenden Start.

MUSÉE CHAPLIN’S WORLD BY GRÉVIN. CORSIER-SUR-VEVEY

Nach langen Jahren wird am 17. April im Manoir de Ban, Wohnsitz der Familie, das Musée Chaplin eröffnet. Über 3000 m2 Entde-ckungen, Erfahrungen und Emotionen erwarten die Besucher, ein szenografisches, cinematografisches, multimediales und virtuelles Gesamtwerk. «Le Studio», ein moderner Betonbau mit Kinosaal und diversen Rekonstruktionen aus Chaplin-Filmen, präsentiert das Werk des Künstlers, während im Manoir de Ban das Leben Chaplins nachgezeichnet wird.

LE ROCH HOTEL & SPA. PARIS

Für Liebhaber des 1. Arrondissement in Paris und Fans der Innenarchitektin Sarah Lavoine ist das Le Roch Hôtel eine neue Anlaufstelle. Pool und Spa, Innengarten und Sonnenterasse, Carrara-Marmor, massives Nussholzparkett und von der Designerin auf Mass kreierte Möbel ma-chen das Hotel zur eleganten Adresse im Herzen von Paris.

www.leroch-hotel.com Rue Saint-Roch 28 75001 Paris. France

www.castelbrac.comAvenue George-V 1735800 Dinard, France +33 2 99 80 30 00

www.chaplinsworld.com Route de Fenil 2 1804 Corsier-sur-Vevey

www.moderntimeshotel.ch Chemin du Genévrier 201806 Saint-Légier-La Chiésaz/Vevey +41 21 925 22 22

Alserkal AvenueStreet 8 Al Quoz 1Dubai, U. A. E. +971 04 330 7366

MODERN TIMES HOTEL. ST-LÉGIER

In St-Légier oberhalb von Vevey und in der Nähe des brandneuen Musée Chaplin’s World by Grévin hat das neue Vierster-nehaus Modern Times Hotel seine Tore eröffnet. Die 138 mit modernstem Komfort ausgestatteten Zimmer und Junior-Suiten haben einen den Blick auf die Pléiades oder den mediterranen Park. Im Restaurant Le Times Grill geniesst man Grilladen mit provenzalisch inspirierten Beilagen.

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Colour Wheel Ottoman, 1967

Die Geschichte verhilft Alexander Girard endlich zur verdienten Ehre. Während sein Name nur Eingeweihten ein Begriff war, wurden seine Zeit-genossen und Freunde Charles und Ray Eames, George Nelson und Eero Saarinen zu Weltstars.

Eine flagrante Ungerechtigkeit, denn Girard war ein Pionier des postindustriellen Designs, der Gegensätzliches miteinander zu verbinden wusste – Handwerk und Industrie, schlichtes De-sign und bunte Pop Art. Von 1920 bis 1970 beschäftigte er sich mit Innenarchitektur, Textildesign, Corporate Identity, Typog-rafie und natürlich mit dem Design von Möbeln. Drei Jahre nach seinem Tod im Jahr 1993 ging der Privatnach-lass des Italo-Amerikaners an das Haus Vitra über, zehn Jahre später erhält nun das Publikum erstmals Gelegenheit, 5000 Zeichnungen, Fotografien, Motivskizzen für Textilien, Acces-soires, Möbel und Folk-Art-Objekte – die wichtigste Inspira-tionsquelle des Künstlers – zu bewundern. Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein zeigt die spektakuläre Retrospek-tive vom 12. März 2016 bis 29. Januar 2017 (www.vitra.com).

Alexander GirardDesigner der FarbenN

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17 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

Ein Souvenir der besonderen Art ist die Colour-Wheel-Otto-mane aus dem Jahr 1967, eine Reedition von Vitra mit 91 cm Durchmesser, in zwei Versionen und diversen Farben. Das Möbelstück repräsentiert das einmalige grafische Oeuvre von Alexander Girard, der endlich im Pantheon des Designs Auf-nahme findet (1372 Fr.).

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT18

Annabel’sIntakterMythos

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Lady Diana tanzte hier barfuss, Queen Mum ver-gnügte sich einen Abend lang, die Beatles waren die Einzigen, die krawattenlos Zugang hatten. An-nabel’s ist wie eh und je angesagter Treffpunkt der Londoner High Society. Dem Club im Herzen von

Mayfair – zwischen Oxford Street, Piccadilly, Hyde Park und Re-gent Street – ist es gelungen, den Mythos seiner Soirees zu bewah-ren. Laptop und Handy gibt man am Eingang ab, denn absolute Diskretion ist garantiert. Seit 1963 wird hier gefeiert, chic, ausge-lassen, zügellos. Schweizer sind willkommen, so sie Mitglied des sehr exklusiven, privaten Zürcher Club Baur au Lac sind. C

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bswww.annabels.co.uk

44 Berkley Square, London W1J 5QB, UK

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Your access to emerging marketsopportunities.

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NEW YORK

Asiatische Uhrenliebhaber: Klassik-Knowhow statt Label-GlanzDas Digitalzeitalter bedeutet schnelle Informationen und sofortige Erfüllung von Wünschen. Jetzt betreiben Uhren-sammler und -liebhaber in Hongkong jedoch eine neue Art, kunsthandwerkli-ches Erbe und Know-how zu begreifen. Parallel zur Verlangsamung des Kon-sums von Luxus sind nicht mehr nur Extravaganz oder das auf Anhieb er-kennbare Label Indikatoren für Reich-tum und Status. So möchten asiatische Konsumenten von den Marken, die sie tragen, mit einbezogen werden und

HONGKONG

TOKIO

Direkt aus...

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Skandinavisches Design hat in Japan Hochkonjunktur

Skandinavien ist in Japan voll im Trend. Die Zeitschriften im Land der aufgehen-den Sonne sind voll von dänischem und schwedischem Design. Sie berichten Wo-che für Woche begeistert über Möbel, Ge-schirr und Deko aus dem europäischen Norden. In der Megapole Tokio bieten Dutzende Läden skandinavisches De-sign an. Und in Meguro, das für seine vie- Im Schatten von Fitbit und Apple

Die Fitbit-Werbung am diesjährigen Su-per Bowl, am Finale der American-Foot-ball-Profiliga, ist nicht unbemerkt geblie-ben. Das amerikanische Unternehmen für Fitness-Uhren hat mehrere Millionen Dollar in den Launch seiner Smartwatch Blaze investiert. Mit einem Preis von we-niger als 200 $ ist die Fitbit Blaze genauso wenig ein Luxuserzeugnis wie das Kon-kurrenzprodukt Apple Watch. Und doch hat die Apfelmarke 2015 insgesamt 12 Mio. Uhren verkauft und damit den US-Markt neu definiert: Sie hat eine technologische Alternative zur feinen Mechanik der Lu-xusuhren geschaffen. Laut Milton Ped-raza, dem Leiter des Luxury Institute in New York, sind Luxusuhren in der heuti-gen Zeit, in der Wallstreet durch Volatilität glänzt, jedoch noch immer eine beliebte Anlage. «Die Amerikaner suchen derzeit nach einzigartigen Erlebnissen und Er-fahrungen», erklärt er, «und Luxusuhren stehen da in Konkurrenz zu den grossen Reisen.» Der Experte nennt noch einen weiteren Trend: Amerikanische Konsu-menten informieren sich immer genauer über das begehrte Produkt, und sie sind den Luxus-Uhrenlabels weniger treu. Als Folge der besseren Produktkenntnis wächst das Potenzial des Online-Handels. Gemäss einer von McKinsey Ende 2015 veröffentlichen Studie werden im Jahr 2025 geschätzte 18% der Luxusuhren- Industrie online verkauft. «Die Industrie will diese Wende nicht verpassen», sagt Milton Pedraza. «Auch wenn der E-Com-merce den Verkauf im Laden nicht erset-zen wird, so ist er doch eine unverzicht-bare Alternative.»

len Möbelgeschäfte bekannt ist, fehlen natürlich auch die prominenten skandi-navischen Designer wie Hans J. Wegner, Arne Jacobsen und Nanna Ditzel nicht. «In Japan sind skandinavische und vor allem dänische Designer aus der Mitte des letzten Jahrhunderts sehr gefragt», sagt Rei Noguchi, der als Einkäufer für die japanische Gruppe Actus arbeitet. Im Uhrensektor, in dem Schweizer Mar-ken grosse Beliebtheit geniessen, ist der Trend weniger ausgeprägt. Trotzdem spielen skandinavische Produkte auch hier eine zunehmend wichtige Rolle. Die schwedische Marke Daniel Welling-ton, die in Japan seit rund zwei Jahren vertreten ist, soll laut einer Managerin enorme Erfolge in der Uhrenszene fei-ern. «Die Verkaufszahlen wachsen um rund 200% pro Jahr, die Nachfrage nach schwedischen und dänischen Uhren ist in Japan generell hoch», betont sie. Eine

Erklärung für die Vorliebe der Japaner für skandinavische Erzeugnisse könnten die Gemeinsamkeiten mit dem Design aus dem eigenen Land sein. «Japaner mögen Einfaches und Minimalistisches», erklärt Rei Noguchi.

Markenloyalität bezeugen, weg von rein ästhetischen Aspekten ihre Vor-stellung von kulturellem Erbe mit an-deren Menschen teilen. Auch auf dem Gebiet wertvoller Uhren. Um Bezie-hungen aufzubauen, reicht exzessive Produktwerbung nicht, Uhrenmarken müssen Geschichten erzählen, Story Telling ist angesagt. Van Cleef & Arpels weist den Weg: Die Marke lädt Stamm- und Neukunden zu Ateliers, wo sie an-dere Aficionados kennenlernen, sich Kenntnisse in Uhrentechnik aneignen, Gelegenheit haben zum Austausch mit Spezialisten. Angesichts steigender Be-liebtheit der Ecole Van Cleef & Arpels (hk.lecolevancleefarpels.com) führt das Schmuck- und Uhrenhaus an der PMQ, der Hongkonger Drehscheibe für Kunst und Design, zum dritten Mal sei-ne Ateliers durch. Das zunehmende In-teresse und die Wertschätzung für ein grosses Vermächtnis sind ein Schritt zurück zum Wesentlichen: Besonne-ne Vertiefung statt digitale Unmittel-barkeit.

Illustration: Nicolas Zentner

Daniel Eskenazi Journalist

Jean-Cosme Delaloye Journalist

Olivia Lee Mitgründerin von The Closeteur

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Cin cin, Mr.Rubinstein

Eine neue, ausgetüftelte Digitaltechnologie holt die berühmtesten Pianisten ins traute Heim. Nein, nicht auf einem üblichen Tonträger – CD war gestern. Sondern live an Ihren Steinway in der guten Stube. Hans Uli von Erlach

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Sie haben eine Party und möchten einen Jazz-Pianis-ten swingen lassen? Viel-leicht Duke Ellington? Und das in person? Oder viel-

leicht gönnen Sie sich einen gediegenen Chopin-Abend? Dann laden Sie doch gleich einen Starpianisten ein. Etwa Lang Lang. Oder Arthur Rubinstein. Live, ver-steht sich. Zwar bleibt der Stuhl vor Ih-rem Instrument leer, aber wie von Geis-terhand bewegen sich dessen Tasten und schlagen die Hämmerchen die Saiten an. Selbst die Pedale sind präzise im Einsatz. Und Sie hören es: unverkennbar der Mae-stro. Zwischen zwei Nocturnes können Sie ihm gerne auch zuprosten: Cin cin, Mr. Rubinstein.

Möglich macht die virtuelle Live-Perfor-mance Spirio, ein Meistwerk der Technik, das im New Yorker Stammhaus des Pia-no- und Flügelherstellers Steinway & Sons entwickelt wurde. Dabei gibt ein Modul Impulse mit fein reguliertem Luftdruck an die Mechanik des Instruments weiter. Und das so detailliert, dass Stil, Sensibi-lität und Ausdruck des Pianisten unver-fälscht erklingen: weiche Triller oder don-nernde Fortissimi, seine typischen Tempi und sein nuancenreicher Anschlag. Im New Yorker Tonstudio haben bereits vie-le der grössten Steinway-Künstlerinnen und -Künstler eigens ein Repertoire für das System Spirio eingespielt. Eine spezi-elle Software misst die Hammergeschwin-digkeit in bis zu 1020 Dynamikstufen bei bis zu 800 Signalen pro Sekunde und 256 verschiedenen Pedalstellungen. Der Ka-talog umfasst schon weit über hundert Stunden Musik aus Jazz und Klassik. Jetzt ist es sogar gelungen, die Aufnahmen von längst verstorbenen Tastenstars auf diese Weise digital zu erfassen und hörbar zu machen. Auf dem mitgelieferten iPad kön-nen sämtliche Aufnahmen angetippt wer-den, und gleich beginnt der gewünsch-te Musiker live zu spielen. Über eine App wird die stetig wachsende Bibliothek lau-fend automatisch erweitert. Das revolutionäre Selbstspielsystem wird absolut unsichtbar in zwei übliche Flügel-grössen von Steinway & Sons eingebaut. Die Instrumente allein kosten zwischen 87‘000 und 104‘000 Fr. und können na-türlich auch ohne Spirio ganz normal ge-spielt werden. Doch wer will das schon, wenn man für die «Gage» von rund 21 000 Fr. (Aufpreis für Spirio) Rubinstein, Lang Lang und Ellington und vier Dutzend wei-tere Stars live zu Hause haben kann.

In der Schweiz ist Musik Hug Partner

von Steinway & Sons.

www.musikhug.ch

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U H R E N Theorie der Extreme

Während die Smartwatch der Welt auf beiden Seiten des Atlantiks den Kopf verdreht, sind die Schweizer Uhrmacher noch immer besessen von mechanischen Komplikationen. Cristina d’Agostino

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Als brillante Antwort auf die unendlichen tech-nischen Möglichkeiten von Computersoftware schöpfen die Uhrma-

cher das mechanische Räderwerk im-mer weiter aus – man könnte fast mei-nen, sie hätten mit den Erfindern der besten Tools aus Cupertino eine Wette abgeschlossen. Im Laufe der Jahrhun-derte, der Entdeckungen und der Siege des Menschen über das unendlich Klei-ne hat die mechanische Komplexität im-mer wieder neuen Schwung erhalten. Heute ist die Intelligenz des Handwerks zu einem Aushängeschild geworden. Die Uhrmacher schreiben sie auf ihre Fah-ne, in der Hoffnung, Besseres, Schöneres und Grösseres zustande zu bringen als die künstliche Intelligenz. Das Handwerk will seinen Rang behalten. Der Drang nach mechanischer Perfek-tion ist intakt. Thierry Stern, Präsident von Patek Philippe: «Das Streben nach komplexen Mechanismen geht auf un-sere Firmenphilosophie zurück, die von den Gründern der Marke definiert wurde und seit 1839 unverändert geblie-

den der neuen Generation fasziniert von der komplexen Mechanik, deren Herstellung nur dank kombiniertem Fachwissen aus traditioneller Hand-werkskunst und Spitzentechnologie möglich ist und die wenig mit der vir-tuellen Welt zu tun hat.»Die jüngsten Kollektionen der renom-mierten Uhrenmarken sind ein deut-licher Beweis für diesen Trend. Eine Realisation jedoch überragt sie alle: Va-cheron Constantin hat Ende 2015 zur Feier ihres 260-jährigen Bestehens die komplizierteste Taschenuhr der Welt herausgebracht. Das schlicht mit Refe-renz 57260 betitelte Meisterstück mit doppeltem Zifferblatt schlägt alle Re-korde der hohen Uhrmacherkunst. Es enthält 57 Komplikationen, darunter

ben ist: Wir wollen die besten Uhren der Welt entwerfen, entwickeln und herstel-len. Diese Philosophie prägt unsere täg-liche Arbeit und wird bei jeder neuen Kreation umgesetzt. Unsere Kundschaft schätzt Uhren mit technischem Mehr-wert, Tendenz steigend. Einige unserer Neukunden leisten sich gleich bei ih-rem ersten Kauf eine Uhr mit Kompli-kationen wie die Quantième Annuel. Vor zehn Jahren stieg man meist mit einer klassischen Uhr wie der Calatra-va in die Marke ein. Es geht nicht dar-um, Komplikationen der Komplikation wegen zu entwickeln. Wichtig ist in un-seren Augen, dass die Uhren über nütz-liche und verlässliche Funktionen ver-fügen. In der Haute Horlogerie sind die an schönen Uhren interessierten Kun-

Das Streben nachmechanischer Perfektion

ist intakt.

g Die Reverso Tribute Gyro- tourbillon von Jaeger-LeCoultre

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verschiedene Neuheiten. Ein paar Bei-spiele: zwei ewige Kalender (ein grego-rianischer und ein hebräischer), ein as-tronomischer Kalender, ein Mond- und ein Religionskalender, ein zweifach re-trograder Schleppzeigerchronograph, ein Wecker, ein Westminster-Glocken-spiel und eine Armillarsphäre. In Zahlen ergibt das vier Uhrwerkplatten, 2800 Einzelteile, 242 Rubine, 75 Komplikati-onen, acht Jahre Forschungs- und Ent-wicklungsarbeit und einen Rekord. Mit der Referenz 57260 ist es Vacheron Con-stantin gelungen, die während 26 Jah-ren unangefochtene Patek Philippe 89 zu entthronen. Die mit 33 Komplikati-onen bislang komplizierteste Uhr der Welt ist und bleibt aber ein technisches Meisterwerk, denn sie wurde ohne jeg-liche Computerunterstützung gebaut. CAD gab es damals noch nicht. Dieser lobenswerte Drang nach Perfektion bringt das Mantra des Uhrmachers im Land der Kompromisse bestens auf den Punkt: keine Kompromisse eingehen, um Vorzüglichkeit zu erreichen.

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Komplikationen, davon diverse

Neuheiten

Uhrwerk-Ebenen

Einzelteile

Rubine

Jahre Forschung und Entwicklung

Die komplizierteste

Uhr der Welt von Vacheron

Constantin

TAG Heuer Carrera Heuer-02T Tourbillon, die günstigste unter den mechanischen Uhren mit Komplikationen

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Die Meister der Komplikationen inszenieren die Zeit, machen Funktion zur Allegorie, und Extreme zu Poesie.

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______Isochronismus als ObsessionDie Erzfeinde des mechanischen Uhr-werks und der gleichförmigen Schwin-gungen rauben den Uhrmachern den Schlaf. Besessen suchen sie nach Lö-sungen, wie sie die Unruh und die Spi-ralfeder in ein perfektes Gleichgewicht bringen und wie sie die Reibung, die Fliehkraft und die Magnetfelder aus-tricksen können. Um möglichst nahe an die Taktfrequenz eines Mikropro-zessors heranzukommen, die bei einer Smartwatch 1,3 GHz, bei einer mecha-nischen Uhr hingegen rund 5 GHz be-trägt, übertreffen sich die Uhrmacher gegenseitig an Erfindungsreichtum. Ständig werden neue amagnetische und reibungsfreie Materialien entwor-fen. Ein Meilenstein, der alle bisherigen Konventionen über den Haufen wirft, ist das Uhrwerk Senfine von Parmigiani Fleurier. Es wurde zur Feier des 20-Jah-re-Jubiläums der von Michel Parmigi-ani gegründeten Marke der Öffentlich-keit präsentiert. Senfine ist ein Schritt in Richtung des Perpetuum mobile, einer Uhr, die dank einer Gangreserve, wie sie auch mit der ausgeklügeltsten Bat-terie unmöglich erreicht werden kann, nie stillsteht. Die Forschungsarbeiten für diese Erfindung wurden 2004 von Pierre Genequand, einem Genfer In-genieur und ehemaligen Mitarbeiter des Schweizer Forschungszentrums für Elektronik und Mikrotechnologie (CSEM), aufgenommen. Der Wissen-schaftler hatte sich auf reibungslose elastische Gelenke in der Raumfahrt-technik spezialisiert und war überzeugt, dass diese Technologie ein grosses Po-tenzial für die Uhrmacherei birgt. Das CSEM und die Vaucher Manufacture Fleurier, das Kompetenzzentrum für Uhrmacherei von Parmigiani Fleurier, sorgten anschliessend mit einem Proto-

Eine Neuheit aus der Manufaktur Cartier, die Rotonde Astro-mystérieux

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typ für die praktische Umsetzung. Das Uhrwerk verfügt über eine herkömm-liche Energiequelle, zeichnet sich aber durch ein Regulierorgan mit einer noch nie dagewesenen Autonomie aus. Sei-ne Form und seine Materialien spielen dabei eine wichtige Rolle. Ohne die mit aller Kraft vorangetriebene technolo-gische Forschung wäre Senfine aber nicht zustande gekommen. Sie bildet den Kern der modernen Uhrmacherei. Mechanische Fortschritte sind heute nur noch mit Unterstützung bahnbre-chender Technologien aus der Raum-fahrt, der Luftfahrt und der Automobil-industrie denkbar. Die Haute Horlogerie hat nicht mehr viel mit der Uhrmacher-kunst aus Grossvaters Zeiten gemein. Dank der monolithischen Bauweise aus Silizium, dank der Unruh, Spiralfeder und Anker aus einem einzigen Stück gefertigt sind, erübrigen sich die Dreh-zapfen und -achsen eines herkömmli-chen Gangreglers. Das Resultat: weniger Reibung und eine Gangreserve von 45 Tagen. Glaubt man Michel Parmigiani, ist das Potenzial des Gangreglers aber noch lange nicht ausgeschöpft. Der Kon-kurrenzkampf der Smartwatches und der hochtechnologischen, mechani-schen Uhren um die Vormachtstel-lung auf dem Gebiet der Avantgarde ist in vollem Gang.

______Komplexe SchönheitMechanische Komplexität ist es aber nicht alles. Ebenso wichtig ist die Ästhe-tik des Uhrwerks. Die Meister der Kom-plikationen wollen die Zeit inszenieren, die Funktion zur Allegorie machen und eine Poesie der Extreme schaffen. Die schwingende Spiralfeder soll ein Blick-fang sein, der Käfig des fliegenden Tour-billons den Betrachter in seinen Bann ziehen und der regelmässige Glanz auf der Rückseite des Meisterwerks beein-drucken. Eine Uhr soll mehr sein als technische Perfektion. Die mechani-sche Schönheit, eine Obsession jedes Uhrmachers, soll die Zeit paradoxerwei-se zum Stillstand bringen.Ob sie nun geheimnisvoll ist wie die As-tromystérieux von Cartier, bei der das Uhrwerk zu schweben scheint, oder hyp-notisierend wie die Reverso Tribute Gy-rotourbillon, einem Zweiachs-Tourbillon mit minimalistisch ausgelegten Käfigen und unterschiedlicher Drehgeschwindig-keit, der einen faszinierender Einblick in die Architektur freigibt – die Ästhetik ist immer Dreh- und Angelpunkt.

______Hohe Uhrmachkunst zu erschwinglichen Preisen?E i n e U h r, d i e e i n fa c h nu r d i e Zeit angibt, will heute niemand mehr, das ist spätestens seit der Smartwatch allen klar. Aber auch die mechanische Uhrmacherei muss die passenden Antworten auf die neuen Anforderungen finden. Schon seit einigen Jahren werden die Uhren immer komplexer, ästhetisch ausgefeilter und vereinen immer mehr Kunsthandwerk in sich. Seit diesem Jahr zeichnet sich aber noch ein neuer, riskanterer Trend ab: Uhrmacherische Komplikationen sollen bezahlbar werden. Diese Idee stammt von den beiden Prestigemarken Montblanc und Tag Heuer und wurde auch bereits umgesetzt. Bei Montblanc mit einem f liegenden Tourbillon, bei Tag Heuer mit einem fliegenden Tourbillonchronographen. Ersterer ist dreimal, Letzterer sogar zehnmal günstiger als vergleichbare Produkte. Jean-Claude Biver, Chef des Pôle H o rl o g e r vo n LV M H u n d Ta g Heuer: «Wir bringen einen COSC-Tourbillonchronographen heraus, weil wir dank unserer integrierten und vertikalisierten Manufaktur (Zifferblatt, Gehäuse, Uhrwerk) dazu imstande s i nd . D ie Fa br i kat ion ste ch n i ke n haben sich weiterentwickelt, und die Herstellungskosten sind dank neuer Verfahren und Methoden gesunken. Das Vorhaben ist uns deshalb gelungen, weil unser Ziel von Anfang an feststand. Alle mussten mitziehen, wir haben niemandem die Wahl gelassen. Ich glaube fest an bezahlbaren Luxus bei Tag Heuer. Das bedeutet aber auch, dass die Marke Tag Heuer in allen Preissegmenten, sowohl bei Uhren für 1’000 Fr. als auch für 50’000 oder 100’000 Fr., stets einen Wert darstellen muss, der in der Wahrnehmung der Kunden drei- bis fünfmal über dem Verkaufspreis liegt. Erschwinglicher Luxus ist aber kein neuer Trend, es gibt ihn schon lange. Ihm verdankt Tag Heuer sogar den Erfolg der letzten Jahre. Der Kunde achtet aber heute vermehrt auf den Preis und wird sich eher für bezahlbaren Luxus entscheiden als früher. Dieses Phänomen ist nicht nur bei den Uhren, sondern bei allen P rodukten zu beobachten.» Die Theorie der Extreme als Obsession für Mechanik und Schönheit steht noch ganz am Anfang.

Montblanc 4810 Exotourbillon Slim

Das Werk Senfine hergestellt in der Manufaktur Parmigiani Fleurier

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zum Massenphänomen geworden.Die Zeit der «Ultrakonnektivität» ist ein-geläutet. Obwohl es diese Wortschöp-fung noch nicht einmal in die deut-schen Wörterbücher geschafft hat, geht sie uns alle an. Wir alle stecken bereits mitten drin in der ständigen digitalen Vernetzung. Der Begriff selbst umfasst ein buntes Sammelsurium an Objekten wie Kühlschränken, Brillen und Uhren

– sogenannte Smart-Geräte – und Tele-fone der jüngsten Generation, ohne die wir uns ein Leben nicht mehr vorstellen können. «Es gibt keine eigentliche Defi-nition der Konnektivität», bestätigt Mi-chel Deriaz, Dozent am Centre Universi-taire Informatique in Genf. «Wir ordnen dem Begriff Smartphones, Smarthomes, Smartcars und Wearables, das heisst mit Chips ausgestattete, am Körper getra-gene Gegenstände, zu. Konnektivität kommt dann zustande, wenn diese Ob-jekte miteinander vernetzt sind.» Im mo-dernen Alltag ist es selbstverständlich geworden, dass wir sozusagen überall und jederzeit uneingeschränkten Zu-griff auf Kommunikationsplattformen und unerschöpfliche Informationsquel-len haben. Die smarte Welt der Konnek-tivität verfolgt uns bis in die eigenen vier Wände. Das zeigt unter anderem das internationale Forschungsprojekt SmartHeat, an dem Michel Deriaz zu-sammen mit dem Labor TaM arbeitet. Mit dem System soll jedes Zimmer ganz nach den Gewohnheiten und Vorlieben

Smarte Welt

Uhren, Wohnungen, Autos - intelligente Objekte spielen in unserem Alltag eine immer grössere Rolle. Bleibt die Frage: verbunden oder nicht verbunden. Emilie Cailleux

1981 «In tödlicher Mission» kommt ins Kino. Roger Moore trägt darin eine Seiko-Uhr, mit der er schrift-liche Geheimnachrichten vom MI6 empfangen kann – eine kleine Auf-merksamkeit des erfinderischen Q. Die Fantastereien der James-Bond-Filme aus den Achtzigern wurden im letzten Jahrzehnt von den Telekommunikati-onsriesen 3.0 wahrgemacht. Und jetzt?

______Immer und überall onlineAuch in der Schweizer Uhrenindustrie wurde dieses technologische Wunder vollbracht. In La Chaux-de-Fonds hat Tag Heuer vor ein paar Monaten die in Zu-sammenarbeit mit Google und Intel ent-worfene Carrera Connected vorgestellt. Sie misst nicht nur die körperliche Akti-vität des Trägers, sondern zeigt auch An-rufe und Nachrichten an. Das Ganze ist in das Gehäuse eines echten Chronome-ters verpackt. «Äusserlich soll die Smart-watch nicht von einer Luxusuhr zu un-terscheiden sein», lässt sich Jean-Claude Biver, der CEO der Marke, seit der Prä-sentation im vergangenen November immer wieder zitieren. Dieser Trend ist auch beim Franzosen Withings festzu-stellen. Seine Zeigeruhr übernimmt die Massstäbe der traditionellen Uhrmache-rei, wie das extraflache Gehäuse, der Se-kundenzeiger und die analoge Anzeige deutlich machen. Immer und überall on-line zu sein, ist schon längst nicht mehr Geeks vorbehalten. Smart-Objekte sind

der Bewohner einzeln beheizt werden. Und sie macht nicht einmal vor unse-ren Tellern halt. Ein Beispiel: Das fran-zösische Start-up-Unternehmen Diet-Sensor hat im Januar an der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas ei-nen via Bluetooth verbundenen, mole-kularen Chip vorgestellt, der die chemi-sche Zusammensetzung der Mahlzeit erkennt. Doch wer glaubt, mehr geht nicht, täuscht sich. Denn die Konnekti-vität dringt sogar in unseren Körper ein: Von der Pentagon-Forschungsagentur Darpa entwickelte elektronische Chips wurden in das Gehirn von zwölf Perso-nen implantiert, um ihr Gedächtnis zu analysieren und zu stimulieren. Heute geht nichts mehr verloren, alles wird ge-messen und ausgewertet. Wir sind zu Datenträgern geworden. Das Phänomen des «Quantify self» greift immer weiter um sich. Sogar die Luxusunternehmen erliegen dem Trend. Der Kosmetikrie-se L’Oréal hat an der diesjährigen CES den ersten elektronischen UV-Sensor, My UV Patch, präsentiert. Er wird auf die Haut geklebt und berechnet in Echtzeit die Sonneneinstrahlung.

______Elektronik, die unter die Haut geht «Stark verändert hat sich in den letz-ten Jahren die Art, wie wir mit dem Smart-Geräten interagieren. Elektro-nik wird immer mehr zu einer Erweite-rung des Menschen», sagt Michel Deriaz.

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Das Zifferblatt der TAG Heuer Carrera Connected ist ein Screen, der nicht nur die Zeit anzeigt.

Er hat bei seinen Arbeiten festgestellt, dass das Smartphone als Verlängerung des Menschen wahrgenommen wird. Wir entsperren es noch im Halbschlaf unter der Bettdecke und verwenden es bis zum Schlafengehen. Glaubt man dem Wissenschaftler, wird sich diese Entwicklung fortsetzen. «Momentan befinden sich die Smart-Objekte noch ausserhalb des Körpers, auch wenn sie immer häufiger direkt auf der Haut ge-tragen werden. In zehn Jahren dürfte die Forschung so weit sein, Chips unter die Haut einzupflanzen.» Die Smart-Ge-räte von morgen werden immer präzise-re Informationen über unseren Gesund-heitszustand liefern und so die Art, wie wir mit unserem Körper umgehen und ihm Sorge tragen, radikal ändern.«Dank dieser Datenlieferanten lernen wir unseren eigenen Körper besser ken-nen», ist sich Christian Lovis, Professor und Lehrbeauftragter im Genfer Unispi-tal, sicher. In diese Richtung geht auch

der vom Zürcher Start-up-Unterneh-men Dacadoo entwickelte Gesundheit-sindex. Er zeichnet die via Smartpho-ne, digitale Waage, Blutdruckmessgerät, Herzfrequenzmessband und Aktivitä-tentracker übermittelten Daten auf und berechnet daraus den Health Score, der uns hilft, gesund und aktiv zu leben. Seit 2015 wird kein neues Smart-Gerät mehr angeboten, das nicht auch noch die Kör-peraktivitäten misst. Es ist unmöglich geworden, dieser serienmässig instal-lierten Komponente zu entkommen. Versucht man, sie zu umgehen, mel-det sich garantiert Siri und mahnt uns, dass wir uns heute noch nicht genug bewegt haben. Prävention heisst die Devise. Mit den Geräten wird eine Lai-en-Wissenschaft entwickelt, die es uns allen erlaubt, wissenschaftliche Daten zu messen. Das wird auch für das Ge-sundheitswesen nicht ohne Folgen bleiben. Die Diagnosestellung wird be-schleunigt, ambulante Behandlungen

nehmen zu, und sogar Fernbehandlun-gen werden möglich. «Trotzdem sind wir noch weit davon entfernt, zu biolo-gisch vernetzten Menschen zu werden», präzisiert der Arzt. In Grossbritannien bestätigt eine Ausnahme die Regel. Ke-vin Warwick, ein britischer Professor für Kybernetik an der Universität Rea-ding, hat sich einen Chip in den Arm ein-pflanzen lassen, der sein Nervensystem direkt mit Computern verbindet und es ihm ermöglicht, seinen Computer und andere Geräte mit seinen Gedanken zu steuern. Sein oberstes Ziel ist der direkte Gedankenaustausch von Hirn zu Hirn. Was früher noch Science Fic-tion war, wird immer mehr zur Realität. Ende Dezember hat das Creative Lab des koreanischen Konzerns Samsung eine neue Generation Uhren vorgestellt, dank denen man lediglich den Finger ans Ohr halten muss, um ein Gespräch zu führen. Tip Talk läutet in der Anth-ropologie der Techniken zweifelsohne ein Wende ein. Während Smart-Geräte bislang als Verlängerung unserer Kör-per dienten, haben wir es immer häu-figer mit einer umgekehrten Entwick-lung zu tun: Die neuen Projekte machen unseren Körper zur Verlängerung der Technik und zeigen, dass die program-mierten Smart-Geräte von heute bereits veraltet sind. Doch keine Angst: Das Zeit-alter der Cyborgs und der Aufstand der Maschinen gegen die Menschen sind noch immer Science Fiction.

Elektronik wird immer mehr zueiner Erweiterung des Menschen

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

Die Uhrmacherkunst von morgen?TechnologischesSprungbrett

Für die junge Marke HYT, berühmt geworden als Erfinderin der flüssigen Stundenanzeige im mechanischen Uhrwerk, ist die Haute Horlogerie eine Plattform, um die Umsetzung ihrer Technologie auf günstigere Uhrensegmente und diverse andere Bereiche wie Schmuckkreation oder Medizintechnik zu prüfen. Cristina d’Agostino

Franken kostet der Einstieg in die Kollektion der Modelle H.

Partick Berdoz, Unternehmer und Mitbegründer der jungen Haute Horlogerie-Marke HYT.

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Es war kein Zufall, dass wir für die Anwendung unse-rer Systeme für Flüssigkeits- injektion und Energiepro-duktion die Haute Horlogerie

gewählt haben.» Für Unternehmer Pat-rick Berdoz, mit Lucien Vouillamoz und Emmanuel Savioz Gründer der jungen, von Vincent Parriard (CEO und Partner) geführten Haute-Horlogerie-Marke HYT, war die Wahl eine taktische. Auf dem Zif-ferblatt des jüngsten, 2015 lancierten Modells H4 wird die intu-itive Zeit durch eine in ein Glasröhrchen gepumpte Flüssigkeit angezeigt, das dank Energiezufuhr (via Dynamo) farbig leuchtet. Die Erfindung basiert auf dreissig vom Mutterhaus deponierten Patenten und ist die Entwicklungsplattform des Unternehmens Preciflex. Patrick Berdoz, der acht vorwiegend im Bereich neue Technologien, Medizinaltechnik und Biotechnologie aktive Un-ternehmen führt, sagt, dass die Möglichkeiten für die Anwen-dungen zwar riesig, aber komplex und zeitlich aufwendig sind. «Hätten wir das Konzept für den Medizinbereich entwickelt, hätte dies wegen der strengen Reglementierungen fünf Jahre länger gedauert und 50 Mio. Fr. mehr gekostet.»

____________ Vier Jahre nach der Gründung des Unterneh-mens für technologische Entwicklungen und zweieinhalb Jahre nach der Kommerzialisierung der Marke HYT ist die Bilanz positiv. «Unsere Zahlen sind ausgeglichen, der Umsatz liegt bei 16 Mio. Fr., das Wachstum ist im zweistelligen Bereich, der Ebitda positiv. Wir stecken sämtliche Mittel in Forschung und Entwicklung. Seit Beginn haben wir rund 30 Mio. Fr. in-vestiert, jetzt planen wir weitere 20 Mio. für künftige Entwick-lungen. Aus diesem Grund haben wir den Anlegerkreis ver-grössert. Mit den Modellen H haben wir ein mechanisches

Haute-Horlogerie-Werk entwickelt, ei-nen Rolls-Royce, der Energie und Licht produziert und ab 50‘000 Fr. auf den Markt kommt. Dieses winzige Nischen-segment ermöglicht, die Technologie in einem überschaubaren Universum und ohne zu grosses industrielles Risiko zu testen. Wir wollen in unserem eigenen Marktsegment relevant sein, gleichzeitig aber die Technologie in günstigeren Seg-menten anwenden.» So können dank

Rationalisierung bei der Produktion eines eigenen Werks klei-nere Modelle kreiert und demnächst eine Kollektion in der Preislage von 25’000 bis 30’000 Fr. lanciert werden. Das ulti-mative Ziel von Patrick Berdoz und seinen Partnern aber ist eine Modellreihe im tiefpreisigen Bereich. «Wir werden güns-tigere Uhren offerieren und so die Basis unserer Produktpy-ramide mit Uhren besetzen, die für das breite Publikum inte-ressant sind. Allerdings werden wir sie nicht unter dem Label HYT kommerzialisieren, denn das wäre der Tod der Marke.» Das Unternehmen Preciflex wird eine einfachere Technologie für den geschlossenen Flüssigkeitskreislauf und die quarzfreie Energieproduktion entwickeln. Patrick Berdoz: «Wir haben etwas völlig Neues kreiert, ein Derivat von Technologien, die auch in der Luftfahrt verwendet werden. Es sind diese Univer-sen, die die hohe Uhrmacherkunst befruchten. Eine bestimm-te Anzahl von Etappen haben wir bereits geprüft, wodurch wir in der Lage sein werden, eine Uhr mit Smart-Funktionen für 300 Fr. auf den Markt zu bringen.» Wobei die Uhrenbran-che nicht das einzige Tätigkeitsfeld von Preciflex darstellt. Fluidanimation kann auch in der Schmuckkreation angewen-det werden. «Stellen Sie sich ein Schmuckstück mit beleuchte-ten Edelsteinen vor», sagt Patrick Berdoz. «Die Möglichkeiten für Entwicklungen und Kreativität sind gewaltig.»

Auf der H4 Metropolis von HYT wird die Zeit durch Flüssigkeit in einem Glasröhrchen angezeigt.

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Die Uhrmacherkunst von morgen?FundamentaleInnovation

Greubel Foresey, 2004 in La Chaux-de-Fonds gegründet, hat technische Erfindungen zur Spezialität des Hauses gemacht. Ein höchst ehrgeiziger Ansatz, denn die beiden Uhrmacher wollen ihre Kunst vor allem beim Tourbillon auf die Spitze treiben. Und zwar ohne technologischen Firlefanz. Fabrice Eschmann

Stephen Forsey, Mitgründer der Uhrenmarke Greubel Forsey.

dert entwickelte «mechanische Computer» basiert auf einem beweglichen Codierer mit «Fingern», die für die Anzeigen ver-antwortlich sind: Dauer des Monats, Schaltjahr, Jahreszeiten, Sonnenwende, Tagundnachtgleiche, Zeitgleichung. All diese Angaben werden mit der sich in beide Richtungen drehenden Krone reguliert und synchronisiert.

______Erfindung contra Neuheit «Vielleicht sollten wir bei einer künftigen Überarbeitung eine Aktualisierung vornehmen, um den Wechsel ins 22. Jahrtau-send zu markieren», witzelt Stephen Forsey. «Diese Uhr ist so etwas wie unsere Smartwatch!» Eine betreffend Mechanik völ-lig verrückte Kreation, deren Entwicklung acht Jahre gedauert hat und die selbstverständlich nicht für die Massenproduktion gedacht ist. Die Manufaktur, die dem Finish grösste Aufmerk-samkeit schenkt, produziert von diesem Meisterwerk nur etwa hundert Exemplare zum Durchschnittspreis von 400’000 Fr. «Wir werden nicht günstiger produzieren, um möglichst viel Gewinn zu machen. Das ist nicht unser Businessmodell.» Die-ser Philosophie entsprechend wird auch nie ein Modell durch ein neues abgelöst. Das Konzept der Neuheiten, wie es in der Uhrenindustrie üblich ist und oft auch Modediktaten folgt, ist bei Greubel Forsey kein Thema. Seit 2006 zu 20% im Besitz der Richemont-Gruppe, verweigert sich das Haus jedoch keines-wegs dem technologischen Fortschritt. So betreibt es auch die Forschungsplattform EWT (Experimental Watch Technology), wo beispielsweise die physischen Charakteristiken von künstli-chen Diamanten getestet und bewertet wurden. Die Ergebnisse mündeten 2007 in die Entwicklung der Binom-Unruh-Spiral-feder aus Diamantchrom, das antimagnetisch und temperatu-runanfällig ist. Solche Erkenntnisse führen immer wieder zu neuen Arbeiten. «Heute ist beispielsweise häufig von Graphen, einer Modifikation des Kohlenstoffs, die Rede. Möglicherweise wird das Material eines Tages Silicium ersetzen, das vor allem im Servicebereich keine Universallösung ist. Wobei wir solche Recherchen nicht als unsere Hauptaufgabe betrachten. Es sind einfach unsere Werkzeuge.»

Art of Invention» ist Teil des Logos der jungen Marke und gleichzeitig Einstieg ins Ge-spräch. «Innovation ist eine massgebliche Säule für Greu-

bel Forsey», sagt Stephen Forsey. «Wir reden nicht gerne von Marke oder Uhren, sondern lieber von Kreationen.» Auch sucht man vergeblich nach exotischen Materialien oder Hightech-Verfahren. 2004 aus der Zu-sammenarbeit der beiden Uhrmacher Ro-bert Greubel und Stephen Forsey hervorgegangen, hat die in La Chaux-de-Fonds ansässige Manufaktur technische Erfindun-gen zu ihrer Spezialität gemacht. So wurden in zwölf Jahren in den Ateliers sieben wegweisende Innovationen entwickelt: Double Tourbillon 30°, Quadruple Tourbillon, Tourbillon 24 Se-condes, Balancier Spiral Binôme, Différentiel d’égalité, Double Balancier sowie der Computeur Mécanique du QP à Equation.

______Jedes Mal eine HerausforderungDiese rein mechanischen Erfindungen sind Teil langfristiger Überlegungen. Man hat hier die feste Absicht, die Uhrmacher-kunst immer weiter voranzutreiben. «Wir sind keineswegs der Meinung, dass schon alles erfunden ist», betont Stephen For-sey. «Es ist unser kreativer Geist, der uns vorwärtsbringt. Das Gegenteil also von Marketinglogik. Am Anfang sind immer ein weisses Blatt und die Herausforderung, eine Idee zur Vollen-dung zu bringen.» Die Uhren von Greubel Forsey sind vielfach asymmetrisch, sehr architektonisch – selbst für Kenner verblüffend. Und die technischen Entwicklungen sind bis ins letzte Detail dermas-sen ausgeklügelt, dass es unmöglich ist, ihre Brillanz ohne solide Kenntnisse einzuschätzen. Das Modell Quantième Perpétuel à Équation ist darin geradezu beispielhaft. Der für das 21. Jahrhun-

Teile

Rubine

Die QP à Equation von Greubel

Forsey

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65

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT32

Zwei Uhrenfabrikanten diskutieren mit zwei Vertretern der Aeronautik und der Automobilindustrie über die Bedeutung von Luxus. Cristina d’Agostino

Die Fluggesellschaft Swiss und die Uhrenmarke Breitling sind eine Partnerschaft eingegangen, indem Uhren nur an Bord gekauft werden können – eine Premiere. Wie kam es zu dieser Idee?

M.B. Unsere beiden Unternehmen nä-herten sich anlässlich der Taufe einer unserer Maschinen an. Die Partner-schaft mit dem Haus Breitling, das seit jeher eng mit der Luftfahrt verbunden ist, ist eine gute Sache.

Der Verkauf einer teuren Uhr – 7077 Fr. – auf einem Langstreckenflug, also nicht in einem Geschäft, ist wenig üblich. Wie sind Ihre Prognosen?

J-P.G. Breitling beschränkt sich nicht da-rauf, von Luftfahrt zu reden, sondern ist ein aktives Mitglied dieses Sektors. Es ist eine kleine Welt, wir pflegen seit jeher in-tensive Kontakte mit den diversen Ak-teuren. Auch war es schon immer unser Ziel, mit einer Fluggesellschaft eine Part-nerschaft einzugehen, wobei es sich nur um ein schweizerisches Unternehmen handeln konnte. Wissen Sie, bei Breitling machen wir alles ein bisschen anders, daher auch die Idee, eine solche Uhr im Flugzeug zu verkaufen. Wir glauben, dass es funktionieren wird: Der Interes-sent sieht die Uhr, denkt darüber nach, holt sich Informationen ein und kauft sie schliesslich an Bord. Die regelmässigen Swiss-Kunden und -Senatoren erhalten via Swiss-News eine entsprechende In-formation. Sie bestellen die Uhr, infor-mieren über ihren nächsten Flug, wo sie dann das Modell geliefert bekommen. Es ist aber auch nicht nötig, die Uhr im Vor-aus zu bestellen. Eine kleine Zeremonie und das vom Kapitän signierte Zertifikat

Symbolisieren die auf der neuen Boeing 777 abgebildeten Gesichter von Swiss-Mitarbeitern die Personalsuche für die neue Flugzeuggeneration? Um wie viele Stellen geht es konkret?

Markus Binkert. Swiss will sich als wichti-ger Arbeitgeber positionieren. Beim Kauf eines neuen Flugzeugs sind viele Berufs-zweige beteiligt, das Projekt ist so kom-plex wie der Aufbau einer Fabrik. Um die Maschine herum gibt es unzählige Berei-che wie Technik, Engineering, Unterhalt, Betrieb. Die Gesichter auf dem Flugzeug entsprechen den verschiedenen Beru-fen und Funktionen unserer Mitarbeiter. Wir werden dieses Jahr 800 Arbeitsplät-ze schaffen, mit dieser Imagekampagne vermitteln wir diese Botschaft. Sie ist aber auch eine Hommage an unsere An-gestellten. Denn die Akquisition und die Inbetriebnahme eines neuen Flugzeugs vom Typ B777 sind in erster Linie eine gewaltige Teamarbeit.

Könnte Breitling eine solche Idee als Hommage an die Mitarbeitenden gefallen?

Jean-Paul Girardin. Das ist eine Idee, die uns nicht nur gefällt, sie hat bei Breit-ling sogar Priorität. Wir verfügen über Produktionsstätten und Unternehmen. Wir können weiterhin investieren, in-dem wir Fabriken und Maschinen kau-fen. Aber der wahre Wert sind unsere Mitarbeiter, die diese Maschinen betä-tigen. In La Chaux-de-Fonds arbeiten zweihundert Personen, die nicht durch Maschinen ersetzt werden könnten. Sie sind die Stärke der Schweizer Uhrenin-dustrie. Wir müssen das Savoir-faire in der Schweiz behalten, indem wir in der Schweiz produzieren. Der von un-serem Personal geschaffene Mehrwert

Markus Binkert Chief Commercial Officer der Swiss

Jean-Paul GirardinVizepräsident von Breitling

ist unser Kapital. Wir planen natürlich weitere industrielle Investitionen. Nach der Entwicklung des eigenen mecha-nischen Werks, des Chrono, des Werks mit drei Zeigern, des mit Digitaltechno-logie verbundenen Quarzwerks im Jahr 2014 und der 2015 lancierten Connected Watch werden wir unsere Pläne in die-ser Richtung weiterverfolgen.

Wird Breitling 2016 neue Arbeitsplätze schaffen?

J-P. G. Die aktuelle Lage ist ungewiss. Wir bleiben vorsichtig, denn bei Breit-ling war das Wachstum stets moderat, aber konsolidiert. Wir rechnen dieses Jahr mit einer leichten Zunahme. An-ders als bei der übrigen Industrie be-finden sich unsere Hauptmärkte in Eu-ropa und in den USA. Wir sind stark in Asien und Japan, in China haben wir noch viel zu tun. Die Chinesen denken schnell um; während langer Zeit bevor-zugten sie einfache Uhren, mit nur gera-de drei Zeigern auf dem Zifferblatt. Die Verlangsamung dieses Marktes hat uns wenig geschadet, 2015 war ein gutes bis sehr gutes Jahr.

Planen Sie die Eröffnung neuer Geschäfte?

J-P.G. Unser Ladennetz wird grösser. Heute betreiben wir rund fünfzig Ge-schäfte, es werden aber nicht mehr vie-le dazukommen. Wir brauchen einfach Schlüsselstandorte in der ganzen Welt, um unseren Kunden die Möglichkeit zu geben, das Universum Breitling zu besuchen. Deshalb werden wir in New York einen neuen Flagship Store eröff-nen. Unsere eigentliche Priorität ist aber unser grosses Netz mit 2000 unabhän-gigen Detailhändlern. Sie sind wichtig, denn sie kennen den Markt und ihre lo-kalen Kunden am besten.

Die Gesichter

auf dem Flugzeug

entsprechen den

Berufen und

Funktionen unserer

Mitarbeiter. »

«Markus Binkert

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 33

begleiten den Kauf. Das speziell konzi-pierte Modell Navitimer B777 wird in ei-ner limitierten Edition von 777 Exemp-laren angeboten und dürfte schnell zum Sammlerstück werden.

M.B. Unsere Frequent-Flyers-Kunden, die ihr halbes Leben im Flugzeug ver-bringen, sind sehr Swissness Minded, was auch die Uhren einschliesst. Die Na-vitimer Swiss Boeing 777 Llimited Editi-on ist in den Boeing B777 sowie auf eini-gen Langstreckenflügen erhältlich.

Swiss hat am 1. Februar im Flughafen Zürich eine Firstclass-Lounge eröffnet – ein Novum. Waren damit grosse Investitionen verbunden?

M.B. Wir betreiben seit etwa zehn Jah-ren das Konzept für Firstclass-Lounges. Es handelt sich also nicht um eine Re-volution, sondern um eine Evolution. Neu ist, dass nun Materialien verwen-det werden, die Swissness symbolisie-ren. So werden nun für sämtliche Loun-ges weltweit Schweizer Holz und Stein aus dem Jura verwendet. Diese Loun-ges sind Teil unserer globalen Investiti-onen von 5 Mrd. Fr., die grösstenteils für die Flugzeuge, darunter den Kauf von

als die Margen zu reduzieren. Wir ma-chen kein opportunistisches Marketing.

Erschwinglicher Luxus – eine Priorität bei Swiss? Können Sie dank den neuen B777 mit den Preisen manövrieren?

M.B. Meine Meinung zu diesem Thema ist klar. Heute sind die Preise schon ex-trem tief und sind bei allen Gesellschaf-ten dramatisch gefallen. Wir haben nicht die Absicht, diesen Trend weiter mitzu-machen. Swiss will den Kunden ein gu-tes Produkt zu stabilisiertem Preis und mit einem echten Mehrwert anbieten. Bezüglich Destinationen wird die An-zahl Flüge identisch bleiben. Die B777 hat natürlich eine viel grössere Kapazi-tät als der A340, das heisst hundert zu-sätzliche Plätze in der Economy Class und mehr Sitze in der Business Class. Es ist eine mathematische Übung, op-timale Konditionen zu berechnen. Die heutige Konjunktur ist schwierig, die geopolitische Situation, der starke Fran-ken… Wir hoffen, dass diese neuen In-vestitionen Wirkung haben werden. Wir müssen flexibel und schnell sein. Bei Swiss ist es ähnlich wie bei Breitling: Dank unserer Grösse können wir sehr schnell reagieren.

neun B777 (durchschnittlicher Stück-preis 300 Mio. Fr.) und CS100 Bombar-dier reserviert sind. Wir werden damit über eine der modernsten Flotten Eu-ropas verfügen.

In der Uhrenbranche stellt man einen Trend zu erschwinglichem Luxus fest. Was denken Sie? Eine gute oder eine schlechte Entwicklung?

J-P.G. Worauf es vor allem ankommt, ist, dass der Preis dem Wert des Produkts entspricht. So ist es beispielsweise nicht normal, dass die Parkgebühren teurer sind als das Flugticket. Bei Breitling ha-ben wir uns immer bemüht, einen so-liden Kundenstamm aufzubauen und weniger die Verkäufe um jeden Preis zu pushen. Deshalb bieten wir Produkte an, deren Preis ihrem Wert entspricht. Wir haben also nicht die Absicht, Prei-se zu reduzieren, das Sortiment nach unten zu korrigieren oder die Durch-schnittspreise zu senken. Wir stehen für Swiss Made, Uhren mit Chronome-terzertifikat und die eigene Manufak-tur. Diese Kosten stehen im Verhältnis zum Verkaufspreis. Und wir wollen Prei-se, die stimmen. 2015 haben wir es vor-gezogen, etwas weniger zu verkaufen,

« Der wahre Wert sind unsere Mit- arbeiter, die diese Maschinen betätigen.»Jean-Paul Girardin

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT34

am Handgelenk, die diversen Elemen-te am Gehäuse erinnern eindeutig an LaFerrari.

R.G. Wir wollten eine Uhr kreieren, die dem Geist des Supersportwagens LaFer-rari entspricht, eines Spitzenprodukts der Technologie. Die Idee, die dieses Konzept am besten umsetzt, war die Konstruktion eines Motors fürs Hand-gelenk. So symbolisiert die Gangautono-mie von fünfzig Tagen, in der Uhrenin-dustrie ein Rekord, die PS-Leistung des Fahrzeugs. Das Saphirgehäuse kam erst später und ist wie der FXXK eine Wei-terentwicklung. Wir konkretisieren die-sen technologischen Fortschritt mit der Verwendung von Saphir, einem äusserst kompliziert zu bearbeitenden Mineral.

Wofür braucht es besonderen Mut?

F.M. Die originelle Neuinterpretation des Ferrari-Image für jedes Modell, indem wir in die Zukunft schauen, ohne die Vergangenheit zu vergessen. Ich erleb-te intensive Momente, wenn ich mich gegen die Lancierung eines Produkts stellte, das zu konventionell war. Ich bin fest überzeugt, dass innovatives Design nicht im Gegensatz zum Geist von Fer-rari steht.

Welches waren die grossen Risiken bei Hublot?

R.G. Zum Beispiel eine Uhr mit Saphir-gehäuse zu konzipieren. Dieses Mate-rial setzt eine bestimmte Technologie voraus und verlangt nach einem sehr eigenständigen Design. Das war ein Ri-siko. Wie die Ferrari-Uhr überhaupt. Als wir sie lancierten, dachte ich, dass wir schon etwas verrückt sind und die Gren-

Es heisst, der europäischen Autoindustrie fehle es an Mut. Weshalb?

Flavio Manzoni. Seit etwa zehn Jahren tendiert die Autoindustrie Richtung Ho-mogenisierung des Geschmacks. Das entspricht auch dem Wunsch der Kun-den. Es ist durchaus legitim, die Kohä-renz eines Hauses zu schätzen, das nur kleine innovative Schritte tut. Auf die-se Weise entsteht eine Komfortzone, in der sich sowohl Kunden als auch Auto-bauer wohl und sicher fühlen. Ich ga-rantiere Ihnen, eine solche gibt es bei Ferrari nicht. Bei uns herrscht ein kon-tinuierliches Streben nach Innovation, das Engagement, aber auch Opfer ver-langt. Wenn dies nämlich höchstes Ni-veau bedeutet, muss es auch im Design erkennbar sein. Ich glaube nicht, dass die Arbeit aufgrund einiger stilistischer Codes besonders mutig ist. Im Gegen-teil, ich liebe es, jedes Mal eine einmalige Lösung zu finden. Die grössten Pioniere der Automobilgeschichte, von Enzo Fer-rari bis Vincenzo Lancia, waren extrem mutige Menschen, die trotz grosser Kon-kurrenz kein Wagnis scheuten. Die Ho-mogenisierung des Geschmacks ist der Menschen, die kreieren, erfinden und in-novieren möchten, unwürdig.

Gibt es heute auch in der Uhrenindustrie diesen Mangel an Mut?

Ricardo Guadalupe. Bei den traditionel-len Marken trifft dies zu. Hublot ist ein junges Unternehmen und kann sich viel mehr erlauben. Wir blicken nicht auf eine 200-jährige Geschichte zurück und können deshalb ohne Einschrän-kungen kreieren und Traditionen ig-norieren. Bestes Zeugnis davon ist die

Ricardo GuadalupeCEO von Hublot

Flavio ManzoniDesignchef von Ferrari

Uhr LaFerrari, die von den Kunden mit Begeisterung aufgenommen wird. Es ist nicht eine ultraklassische Grande Com-plication, die unsere Kunden erwarten. Sie wollen Innovation, Ästhetik und Technologie, Uhren mit viel Mehrwert, aber ausgefallen.

In unsicheren Zeiten schreckt die Uhrenindustrie davor zurück, Kunden und ihre Einkaufsgewohnheiten durcheinanderzubringen. Eine Falle?

R.G. Ja, das ist so. Man muss sich dau-ernd mit Innovation, Forschung und Neuinterpretation der mechanischen Werke, mit Materialien und Ästhetik be-schäftigen und laufend in Forschung und Entwicklung investieren. Es geht darum, Dinge zu bewegen, einem Pro-dukt Wert zu verleihen. Eine Uhr ist ein Kunstobjekt, das man mit viel Mecha-nik und Technik ausstatten muss. Heu-te reicht ein Zifferblatt mit drei Zeigern nicht mehr. Man muss die Seele der Uhr zeigen.

Welches waren die Herausforderungen der Ferrari-Hublot-Partnerschaft, die zum Umdenken geführt haben?

F.M. Es handelt sich um einen in der Uhrenbranche völlig neuen Ausdruck und einen neuen Approach. Wir haben versucht, einen gemeinsamen Nenner unserer auf den ersten Blick sehr un-terschiedlichen ästhetischen Philoso-phie zu finden. Ferrari steht für die reine, einfache Linie; bei Hublot geht es ande-rerseits um reduzierte Komplexität, da sie ja fester Teil des Designs ist. Die ext-rem klare Form des Objekts, der Motor

Der Wettkempf der Innovationen. Kennt diese Maxime der Uhren-und Automobilindustrie keine Limiten? Cristina d’Agostino

Heute reicht ein

Zifferblatt mit drei Zeigern

nicht mehr. Man muss

die Seele der Uhr

zeigen. »

«Ricardo Guadalupe

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zen des Möglichen sehr weit ausloten. Wir haben zwanzig Exemplare produ-ziert und bereits Bestellungen für die doppelte Anzahl erhalten.

Immer wieder zu überraschen: ein schwierig einzuhaltender Vorsatz?

R.G. Sicher. Es geht ja nicht darum, einen 500 000 Fr. teuren Zeitmesser wie La-Ferrari zu produzieren, sondern Uhren im Bereich von 10 000 Fr. anzubieten. In der Uhrenbranche ist es nicht das Gleiche, eine Edition von zehn oder 500 Exemplaren zu produzieren, die Komplexität ist sehr unterschiedlich. Die industrielle Produktion eines Sa-phirgehäuses setzt massive Investitio-nen voraus, da es sich um völlig neue Verfahren handelt. Für Ausstattung und Einrichtung wurden mehrere Millionen Franken bereitgestellt. Aber Innovatio-nen sind nie gratis. Sie verlangen die ent-sprechenden Mittel.

Wer sind die heutigen Kunden? F.M. Wir haben ganz unterschiedliche Kunden. Der neue GTC4 Lusso wendet sich an Käufer, die Leistung gekoppelt mit Komfort für vier Personen suchen.

zieren wir jährlich 50 000 Stück, von Ra-rität spricht man bei 30 000 bis 50 000 Uhren. Aber alles ist relativ.

2016 ist erschwinglicher Luxus Trend. Ihre Meinung dazu ?

R.G. Gewöhnlich spricht man ab einem Ladenpreis von 4000 Fr. von einer Luxus- uhr. Bei Hublot bewegen sich die Preise zwischen 15 000 und 20 000 Fr. Wir spre-chen also eine Kundschaft an, die schon alles hat und sich etwas Neues wünscht. Der wahrgenommene Wert muss hoch sein, definiert durch Technik oder Ästhe-tik. Bei Hublot geht es darum, die Durch-schnittspreise nicht zu reduzieren, son-dern sie im Gegenteil zu erhöhen.

Passt ein 100%-Elektroauto zu der gewissen Virilität, die typisch ist für das Ferrari-Image?

F.M. Der Fahrer eines 100%-Elektroautos ist nicht wirklich eingebunden, es fehlt die enge physische Verbindung. Der kör-perliche Kontakt, die Vibrationen, das dynamische Verhalten des Fahrzeugs sind grundlegende Faktoren. Wie bei der Uhr am Handgelenk, die man spü-ren muss.

Wir haben entdeckt, dass diese Kunden viel jünger sind als die des 612 Scaliet-ti. Das Auto wird Familien gefallen. Die heutigen Ferrari-Kunden ziehen geteilte Fahrfreude dem individuellen Spass vor. R.G. Der Kunde wünscht ein eigenständi-ges, identifizierbares Produkt in limitier-ter Edition. Er möchte einer sehr kleinen Gruppe von Uhrenbesitzern angehören. Es gibt eine neue, vermögende Kund-schaft, die jung ist und gern konsumiert. Wir hoffen, dass sie uns auch in Zukunft begleiten wird.

Ist es schwierig, diese Kunden zu bewahren?

R.G. Ja, deshalb ist Innovation so wichtig. Unsere Kunden kaufen manchmal bis fünfzehn Hublot-Uhren pro Jahr. Man muss ihre Lust aufs Produkt lebendig er-halten. Das ist die Bedingung und Teil der Geschichte unserer Marke.

Immer mehr Innovation – ist das kompatibel mit der Rarität, die mit Luxus verbunden ist?

R.G. Es geht um die richtige Quantität. Hublot produziert immer weniger, als verlangt wird. Wir betreiben ein raffinier-tes Sell-out. Im obersten Segment produ-

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«Die grössten Pioniere der Automobil-geschichte waren mutige Menschen, die trotz grosser Konkurrenz kein Wagnis scheuten. »Flavio Manzoni

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT36

Bereits zum neunten Mal veröffentlicht «Luxe» eine eigene Rangliste der besten Uhren- und Schmuckgeschäfte an der Zürcher Bahnhofstrasse und der Genfer Rue du Rhône. Dieses Jahr weist Zürich die grösseren Qualitätsunterschiede auf. Cristina d’Agostino – Koordination : Sylvie Bernaudon –

Fotos GE: François Wavre, Fotos ZH: Michele Limina

In den letzten Jahren punktete Zürich mit deutlich kon-stanteren Bewertungen als die Uhren- und Schmuck-geschäfte an der Genfer Rue du Rhône. Dieses Jahr schneidet die teuerste Luxusmeile der Schweiz aber deutlich durchwachsener ab. Die zwanzig Testkäufer,

deren Aufgabe darin bestand, das gesamte Verkaufsproto-koll in den namhaften Uhren- und Schmuckgeschäften an der Bahnhofstrasse zu testen, äusserten sich überrascht über das markante Gefälle. Zwar wurden teilweise deutlich höhe-re Noten erzielt als 2015 (Durchschnitt 2016: 4,94; 2015: 4,62). Aber auch die tiefen Bewertungen fielen massiv schlechter aus (2016: 2,03; 215: 3,35). Die beste Note, sowohl der Monomar-ken- als auch der Multimarken-Boutiquen beider Städte, konn-te Patek Philippe in Zürich verbuchen. Noch nie wurde beim Best Boutique Award ein Geschäft so hoch bewertet. Letztes Jahr belegte die von Eric Ritter geleitete Boutique noch den zweiten Platz; da ihr Personal 2016 aber deutlich besser über die ereignisreiche Geschichte der Marke berichtete, erhielt sie die absolute Bestnote. «Wir haben gemerkt, dass beim Story Telling noch Verbesserungspotenzial bestand», erklärte der Geschäftsführer die Anstrengungen. «Die Kunden müssen

B E S T

B O U T I Q U E

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1. ____ 4.94 ____ Patek Philippe2. ____ 4.87 ____ Cartier3. ____ 4.79 ____ Bulgari4. ____ 4.63 ____ Rolex5. ____ 4.58 ____ Breguet6. ____ 4.57 ____ Van Cleef & Arpels7. ____ 4.51 ____ Blancpain8. ____ 4.28 ____ Omega9. ____ 4.28 ____ Hublot10. ___ 4.02 ____ Chopard11. ___ 4.01 ____ Tiffany12. ___ 3.86 ____ Jaeger-LeCoultre13. ___ 3.57 ____ Piaget14. ___ 3.54 ____ Audemars Piguet15. ___ 3.37 ____ Montblanc16. ___ 2.03 ____ IWC

Zürich

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METHODIK«Luxe» hat die Kundenfreundlichkeit, die Produktpräsentation und die Qualität des Kundendiensts bei 58 Uhren- und Schmuckgeschäften an zwei renommierten Einkaufsmeilen, der Zürcher Bahnhofstrasse und der Genfer Rue du Rhône, unter die Lupe genommen. Zwanzig Mystery Shoppers unterschiedlichen Alters und Profils haben die Boutiquen anhand von fünfzig Kriterien beurteilt. Jedes Geschäft wurde im Abstand von mindestens zwei Wochen zwei bis drei Mal besucht, sodass mehrere Mitarbeiter getestet werden konnten. Es wurden vier Ranglisten erstellt, je eine für Mono- und für Multimarkengeschäfte in Zürich und Genf.

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Eric Ritter, Direktor der Boutique Patek Philippe Zürich

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der Patek-Welt fühlen. Jeder Mitarbeitende erzählt die Ge-schichte mit seinen eigenen Worten, er muss sie aber perfekt kennen. Obwohl das Geschäft von Beyer geführt wird, sind die Verkäuferinnen und Verkäufer der Patek-Boutique ausschliess-lich für diese Marke zuständig. Es sollte ihnen also leichter fal-len, ihr Wissen jeden Tag zu verbessern. Ihre Kollegen von Mul-timarkengeschäften haben es da viel schwerer, weil sie eine Vielzahl verschiedener Marken beherrschen müssen, was viel komplizierter ist.» Einig waren sich die Testkäufer auch über die herausragende Qualität: «Bei Patek Philippe war die Pro-duktkenntnis bis in die kleinsten Details spürbar. Es war span-nend, dem Verkäufer zuzuhören, und verblüffend, wie schnell er die passenden Modelle anbot. Er wusste auf Anhieb, was gefallen könnte», lobte ein Mystery Shopper stellvertretend.Glamour und Story Telling wurden dieses Jahr sowohl in Zü-rich als auch in Genf als zentrale Punkte hervorgehoben. Im Jahr 2016 wollen die Kunden Emotionen, Wärme und nach-vollziehbare Aussagen. Jaeger-LeCoultre in Genf hat diesen Trend erkannt und gehandelt. Die Boutique hat im Ranking einen spektakulären Sprung nach vorne gemacht und ist vom 25. auf den 1. Platz geklettert. Dahinter stecken umfassende Massnahmen. Die Boutique wurde vergrössert und komplett neu gestaltet. Gleichzeitig wurde das Beraterteam umorgani-siert und verstärkt, und es wurde an der Verkaufstechnik ge-feilt. «Wir setzen vom ersten Augenblick an, schon wenn der Kunde das Geschäft betritt, auf Story Telling», erklärt der Vi-zedirektor von Jaeger-LeCoultre Genf. «Natürlich passen wir uns dabei dem Kunden an. Wir versuchen, rasch seine Per-sönlichkeit und seinen Stil zu erkennen. Dann führen wir ihn durch die Boutique, damit er in das Markenuniversum eintau-chen kann, und beraten ihn anschliessend kompetent unter Berücksichtigung seiner Wünsche und Anforderungen. Um unsere Erläuterungen spannend zu gestalten, bilden wir uns technisch ständig weiter und setzen das Gelernte ein. Kun-den, die sich einfach nur umschauen möchten, werden genau gleich behandelt. So sorgen wir dafür, dass sie uns erneut be-suchen und sich bei uns wohl fühlen. Wir beurteilen sie nicht nach ihrem Äussern und setzen sie auch nicht unter Druck.» Der Kunde nimmt diese Vorgehensweise sehr positiv wahr, wie ein Testkäufer direkt nach dem Verlassen des Geschäfts bestätigt hat: «Den Kunden erwartet ein echtes optisches Er-lebnis. Die Boutique ist hell und elegant, und der Kunde wird sehr zuvorkommend bedient. Ausserdem hat der Verkäufer meine Bedürfnisse genau erkannt, auch wenn er etwas spät auf den Preis zu sprechen kam. Er war sehr überzeugend mit der richtigen Dosis Glamour.»

___________ Mehr Technik und Kundennähe als Reaktion auf den starken FrankenMehrere Geschäfte nutzen die Nähe der Uhrenmanufaktu-ren, um ihre Kenntnisse zu vertiefen und dann im Verkauf gewinnbringend anzuwenden. Obschon die Preise nach un-ten angepasst wurden, um den negativen Auswirkungen des Wechselkurses zu begegnen, konnten einige Marken die Kun-

1. ____ 4.83 ____ Jaeger-LeCoultre2. ____ 4.78 ____ Piaget3. ____ 4.73 ____ Bulgari4. ____ 4.71_____ Van Cleef & Arpels5. ____ 4.48 ____ Patek Philippe6. ____ 4.47 ____ Montblanc7. ____ 4.42 ____ Vacheron Constantin8. ____ 4.42 ____ Audemars Piguet9. ____ 4.38 ____ Van Der Bauwede10. ___ 4.35 ____ Jaquet Droz11. ___ 4.29 ____ Panerai 12. ___ 4.26 ____ Cartier13. ___ 4.04 ____ Rolex14. ___ 4.00 ____ Harry Winston15. ___ 4.00 ____ Richard Mille16. ___ 3.94 ____ Roger Dubuis17. ___ 3.88 ____ Chopard18. ___ 3.82 ____ Zenith19. ___ 3.58 ____ IWC20. ___ 3.58 ____ Omega21. ___ 3.58 ____ Breguet22. ___ 3.57 ____ Corum23. ___ 3.45 ____ De Grisogono24. ___ 3.39 ____ FP Journe25. ___ 3.32 ____ Hublot26. ___ 3.29 ____ TAG Heuer27. ___ 3.27 ____ Boucheron28. ___ 3.06 ____ Graff29. ___ 2.18 ____ Blancpain

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mitleben, wenn ihnen die Markenge-schichte geschildert wird, und sich als Teil davon fühlen. Die Erzählung darf nicht heruntergeleiert werden, sondern soll lebendig und emotional sein. Das wiederhole ich meinem Team jeden Tag. Der Kunde muss sich als Mitglied

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Marie-Audrey Buguet, Direktorin der Boutique Jaeger-LeCoultre Genf

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1. ___3.48 ___Kurz2. ___3.41 ___Gübelin3. ___3.18 ___Bucherer4. ___3.11 ___Beyer5. ___2.81 ___Türler6. ___2.75 ___Les Ambassadeurs7. ___2.10 ___Meister Uhren

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gen des Beraters von Cartier übertrafen meine Erwartungen. Endlich wurde mir überzeugend und verständlich erklärt, wie die Tourbillon-Komplikation funktioniert. Es war das ers-te Mal, dass ich sie begriffen habe. Der Verkäufer verdeutlich-te seine Ausführungen mit einer Skizze. Sein Vorgehen hat sich ausgezahlt, denn dadurch konnte er eine gewisse Nähe aufbauen. Er brachte sich sehr persönlich ins Gespräch ein, und trotzdem standen die technischen Aspekte im Vorder-grund.» Das persönliche Engagement der Verkäufer und die Individualisierung der Beratung fielen dieses Jahr generell auf. Van der Bauwede in Genf ging bei der Personalisierung sogar noch einen Schritt weiter als die Konkurrenz, wie ein Mystery Shopper lobend erwähnt: «Als der Verkäufer mir die diamantenbesetzte Uhr zeigte, bot er mir an, den offiziellen Designer der Marke zu bitten, einen Fingerring zu entwerfen, der zur Diamantenfassung der Uhr passt.» Er halte das für eine exzellente Art, die Kundenbindung zu festigen, so der Test-käufer weiter. «Drei Tage später erhielt ich ein E-Mail mit der Skizze des Schmuckstücks.»Der Preis, oder wie damit umgegangen wird, spielte eben-falls eine zentrale Rolle. Bei einigen Geschäften wirkte sich die Handhabung dieses Aspekts negativ auf die Bewertung aus, so auch bei Roger Dubuis, 16. der Rangliste in Genf. Dort wurde es bewusst vermieden, Zahlen zu nennen. «Der Preis wurde nie angesprochen, obwohl ich ganz klar danach gefragt habe», bedauert ein Testkäufer, «ansonsten wurde ich aber sehr zuvorkommend bedient, erhielt ein Glas Champagner und konnte viele hochkarätige Uhren anprobieren.» Die glei-che Feststellung gilt auch für Piaget in Genf (2. Platz) und für Omega (20. Platz). Trotz des starken Frankens wird es allgemein geschätzt, wenn die Preisfrage gleich zu Beginn geklärt wird.

___________ In Zürich schneiden Multimarken schlechter abWährend die Multimarkengeschäfte in Genf Jahr für Jahr sta-bil bleiben, fallen die Bewertungen in Zürich heuer extrem unterschiedlich aus. Negative Gründe waren die mangeln-de Beratung, das lückenhafte Wissen und die unzulängliche Berücksichtigung der Kundenwünsche. Bei den Geschäften an der Bahnhofstrasse haben alle Mystery Shoppers Ähnli-ches bemängelt. Sie kritisieren die wenig einladende Atmo-sphäre der Geschäfte, die Distanziertheit der Verkäufer und die fehlende Proaktivität. Aber auch in Genf wurden Mängel festgestellt. Die Boutiquen ergriffen zu selten die Initiative, stellten zu wenige Fragen und konzentrierten sich auf eine einzige Marke oder ein einziges Produkt, wo doch die Vielfalt ein Vorteil sein sollte. Wobei festzustellen ist, das hochlöbli-che Ausnahmen den allgemeinen Eindruck relativieren. Bei Multimarken-Boutiquen hängt viel mehr von Persönlichkeit und Engagement der einzelnen Berater ab als bei den Mono-marken-Läden, die allein schon mit der Markenaura punkten können. Ihnen ist es trotz Frankenstärke und der geopolitisch schwierigen Lage im Jahr 2015 und Anfang 2016 gelungen, ihre Attraktivität zu steigern.

B E S T

B O U T I Q U E

A W A R D

2 0 1 6

Kurt Corpataux, Direktor der Boutique Kurz Schmuck und Uhren in Zürich

den in erster Linie aufgrund ihrer um-fassenden Kenntnisse und technischen Kompetenzen in der Schweiz halten.Cartier in Zürich hat sich mit einer Ge-samtnote von 4,87 vom 6. auf den 2. Platz verbessert. Ein Mystery Shopper erzählt: «Die technischen Erläuterun-

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 41

Den Kunden auch Uhren der Haute Hor-

logerie anprobieren lassen, um ihm eine Freude zu machen.

Glamour bieten, Geschichten erzählen und einen Besuch im Museum oder in der

Manufaktur der Marke anbieten.

Für ein persönliches Verkaufserlebnis

sorgen, z.B. indem der Verkäufer die Uhr an-probiert, um ihre Wir-kung am Handgelenk

zu demonstrieren.

Die Preisfrage zu Beginn des Verkaufs-

gesprächs klären.

Dafür sorgen, dass sich der Kunde wohl

und verstanden fühlt, das heisst, seinen

Geschmack und Stil erfassen.

Nicht warten, bis der Kunde Fragen

stellt, sondern ihnen vorgreifen.

Den Kunden unabhängig von

seinem Äusseren ernst nehmen.

Humor beweisen, um mit dem Kunden

ins Gespräch zu kommen.

Ein Buch über die Marke oder einen

VIP-Pass für einen Cocktail schenken.

Getränke und Gebäck anbieten.

Den Kunden länger als zehn Minuten warten lassen.

Einschüchternder Portier.

Zu grosse Distanz und Zurückhaltung des Verkäufers.

Dem Kunden keine Sitzgelegenheit anbieten.

Den Verkauf durch ei-nen Verkäuferwechsel oder die Bedienung eines anderen, später eingetroffenen Kun-den unterbrechen.

Fehlende Produkt- und Markenkenntnis.

Das Gefühl vermitteln, Auswendiggelerntes herunterzuleiern.

Den Kunden Fotos mit seinem Smartphone aufnehmen lassen, statt ihm einen Katalog anzubieten.

Unsaubere Verkaufstheke.

Mehr als zwei Uhren gleichzeitig präsentieren, ohne ihre Unterschiede zu erklären.

1. ___4.08___Les Ambassadeurs2. ___4.02 ___Benoit de Gorski3. ___3.43 ___Bucherer4. ___3.40 ___Gübelin5. ___3.08 ___Kurz6. ___2.96 ___Kunz

Genf

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negativ erwähnte Verkaufstechniken

positiv erwähnte Verkaufstechniken

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Ignaz Steg, Direktor der Boutique Les Ambassadeurs Genf

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT42

Wenn die verstreichen-de Zeit Gift ist, dann wird es von diesem wertvollen Reptil versprüht, das seit

den Vierzigerjahren in das Handgelenk der eleganten Damen beisst. Serpenti, der Name dieser ikonischen Schmuck-uhr von Bulgari, wird nicht laut ausge-sprochen, sondern leise geflüstert. Der italienische Juwelier interpretiert sein Lieblingstier geradezu meisterhaft im-mer wieder neu: mit Diamanten und Smaragden besetzt am Arm von Eliz-abeth Taylor in ihrer Paraderolle als Kleopatra, oder aus rosafarbenem und weissem Email am Hals von Diana Vreeland, der schillernden Chefredak-torin von «Vogue». Wie eine Schlange häutet sich das Schmuckstück von Zeit zu Zeit und erscheint in einem neuen Gewand. Als Symbol der Weis-heit und der Erbsünde ist die Schlange eine schleichende Obsession, die De-sign, Mode und Kunst Jahr für Jahr in ihren Bann zieht.

1. Stilvolles Reptil vor der Linse des Fotografen Marc Laita.

2. Beim Ring Cobra von Céline d’Aoust windet sich die Schlange um den Finger.

3. Die Serpenti-Kunstinstallation der Architektin Zaha Hadid ist eine Hommage an die gleichnamige Uhr.

4. Die Tokyo Bench des Architektur-büros Frank Gehry Partners.

5. Der Herrenschuh Basquette von Balenciaga hat sich gehäutet.

6. 1962 trug die Schauspielerin Elizabeth Taylor diesen Schmuck beim Dreh von «Kleopatra». Seither hat er Kultstatus.

7.W-echse-lspiel: Hemd von Lanvin mit Reptilienmo-tiven.

8. Das White Snake House des Architekten Pierre Minassian.

Obsession der FormD

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Mythische Objekte inspirieren seit Jahrzehnten Mode, Design und Architektur. Zum Beispiel das Symbol der Schlange und des Polygons. Emilie Cailleux

Obsession der Form

Mythische Objekte inspirieren seit Jahrzehnten Mode, Design und

das Symbol der Schlange und

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In der Serpenti von Bulgari tickt die Uhr im Rachen der Schlange.

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 43

1. Leuchtende Ideen: Das Haus Jean Perzel stellt seit den Zwanzigern Art-déco-Lampen her.

2. Duftende Hommage an das Genie des Glaskünstlers René Lalique: «Hommage à l’homme».

3. Interieur des Designers Kelly Wearstler in Washington.

4. Grafisches Spiel mit Linien im 1929 eröffneten Molitor-Schwimmbad in Paris.

5. Tapete mit geometrischen Motiven von Pierre Frey.

6. Geometrisch streng: die Bronzemöbel von Delisle.

7. Aufschlussrei-cher Schmöker: Dieser Bildband von Alastair Dun-can widmet sich auf 500 Seiten der Ästhetik von Art déco.

8. Art déco trifft auf modern: Im Palais de Tokyo wird zeitgenössische Kunst gezeigt, seine Architektur aber stammt unverkennbar aus den Dreissigerjahren.

Hommage: Die Reverso Tribute Calender feiert den 85. Geburtstag ihrer illustren Vorgängerin.

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Ihr geometrisches Gehäuse und die Godronierung machen die Reverso zum einem Manifest des Art déco. Mit diesem Modell sorgt Jaeger-LeCoultre seit den Dreissi-

gerjahren für eine verkehrte Welt an der richtigen Stelle. Schon beim ersten Er-scheinen erregte die Reverso mit ihrem Wendegehäuse enormes Aufsehen. Ein genialer Schachzug der Manufaktur, mit dem sie den Anforderungen der in In-dien stationierten britischen Armeeof-fiziere entsprach. Diese brauchten eine Uhr, die den harten Stössen beim Polo-spiel standhielt. In ihrer Version Tribute Calendar überrascht die Reverso mit ei-ner faszinierenden Mondphasenanzei-ge und der grosszügigen Tag-Nacht-In-dikation auf der Rückseite. Dieses Jahr feiert diese grosse, noch immer zeitge-mässe Dame der Uhrenkunst ihren 85. Geburtstag. Wie Design oder Architek-tur aus der Zwischenkriegszeit verdreht auch sie noch immer vielen Menschen den Kopf.

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DOSSIER SHOOTING

Nahezu alle Marken haben ihre symbolträchtigen Kollektionen dieses Jahr neu interpretiert. Überar-beitet wurde vor allem die Optik. Das Design, mar-kant oder klassisch rund, wird zur Ikone. Eine Art, aus dem Wesentlichen zu schöpfen, ohne Konven-tionen über Bord zu werfen? Eine durchaus plau-sible Erklärung, zumal der Begriff Volatilität an den Uhrenmessen 2016 in aller Munde ist. Mit zu viel Neuem Verwirrung zu stiften, gehört ganz offen-sichtlich nicht zu den diesjährigen Prioritäten der Marken. Die grossen Trends liegen anderswo: Iko-nische Modelle, egal, ob mit einfachem oder kom-pliziertem Uhrwerk, werden durch die Einführung von Edelstahluhren erschwinglicher, was die Ver-käufe ankurbeln soll. Die Gehäuse präsentieren sich in bescheidenerer Grösse, damit auch Kunden auf der Suche nach „vernünftigen“ Massen fündig wer-den. Der vermögende Sammler dagegen wird mit komplexen Unikaten bei Laune gehalten. Auch stilistisch sind zwei Trends auszumachen: Blau und Saphirglas geben den Ton an. Bis zur Besessen-heit huldigen die Manufakturen dem Zeitgeist, haben die Zifferblätter auf Blau getrimmt und die Gehäu-se transparent gestaltet. Wir geben einen Überblick.

44 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

Text: Cristina d’AgostinoFotograf: Marc NinghettoKoordination: Sylvie Bernaudon

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VACHERON CONSTANTIN, Overseas Chrono, mechanisches Werk mit Handaufzug, Stunden, Minuten und kleine Sekunde, Stahl, 30 700 Fr.

IWC, Fliegeruhr MARK XVIII Edition Le Petit Prince, mechanisches Werk mit Automatikaufzug, Stunden, Minute und Sekunde, Stahl, 4 400 Fr.

BLANCPAIN, Fifty Fathoms Bathyscaphe, Gangreserve fünf Tage, Datum und Sekunde, Keramik grau, Automatik, Preis auf Anfrage

MONTBLANC, Minerva 1858 Chronograph Tachymeter Blue, limitierte Edition von 100 Exemplaren, Monopusher-Chronograph mit Handaufzug, Stahl, 25 500 Fr.

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OBSESSION BLAU

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CHOPARD, Happy Diamond, Quarzwerk, Weissgold 18 Karat, diamantenbesetzt und fliegende Diamanten, weisses Perlmutt mit Perlen, 48 500 Fr.

BULGARI, Serpenti Incantati, Quarzwerk, Roségold 18 Karat mit Diamanten und Rubelliten, 39 000 Fr.

VAN CLEEF & ARPELS, Sweet Charms Pavée, Quarzwerk, Weissgold mit Diamanten, 54 200 Fr.

LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

OBSESSION DIAMANTEN

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RICHARD MILLE, RM 67-01 Automa-tique Extra Plate, Skelettwerk mit Automatikaufzug, Stunden, Minuten, Datum und Funk-tionenanzeige, Titan, 89 000 €.

AUDEMARS PIGUET, Royal Oak Quantième Perpétuel, Automatikaufzug, Gelbgold 18 Karat, Stunden, Minuten, 82 500 Fr.

CARTIER, Driver, mechanisches Manufakturwerk mit Automatik-aufzug, Roségold, limitierte Edition, 18 400 Fr.

JAEGER-LECOULTRE, Reverso Coordonnet, Quarzwerk, Stunden, Minuten, Roségold und Stahl, 7 650 Fr.

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OBSESSION DER FORM

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TUDOR, Heritage Advisor, mechanisches Werk mit zusätzlichem Modul, Stunden und Minuten, Titan, 5 600 Fr.

TAG HEUER, Carrera Heuer-02T, Version Black Phantom, limitierte Edition von 250 Exemplaren, Auto-matikchronograph mit fliegendem Tourbillon, COSC-zertifiziert. Titan, 19 000 Fr.

PANERAI, Lo Scienziato Luminor 1950 Tourbillon GMT Titanio, 47mm, mechanisches Werk mit Handaufzug, Stunden, Minuten, kleine Sekunde, Titan satiniert, 135 000 Fr.

PARMIGIANI, Tonda Chronor Anniversaire, limitierte Edition von 25 Exemplaren, integriertes Chro-nographenwerk, Handaufzug, Stunden, Minuten, kleine Sekunde, Roségold, 135 000 Fr.

LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

OBSESSION KOMPLIKATION

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HUBLOT, MP-05 LaFerrari Sapphire, limitierte Edition von 20 Exemplaren, vertikal aufgehängtes Tourbillon, Handaufzug, Stunden und Minuten, Saphir poliert, 500 000 Fr.

MB&F, Horological Machine N°6 SV, limitierte Edition von 10 Exemplaren, fliegendes Tourbillon mit einziehbarem Schild, Automatikaufzug, Stunden und Minuten, Saphirglas, Roségold, 378 000 Fr.

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OBSESSIONEXPERIMENT

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT50

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT51

K U L T U R Kunst-Frühling in Teheran

Die postrevolutionäre islamische Generation experimentiert ungehemmt mit Malerei, Fotografie und neuen Medien. Die Kunstgalerien bieten diesem überschäumenden Drang nach künstlerischem Ausdruck ein Schaufenster. Ein lohnender Besuch in einer anderen Welt. Dino Auciello

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT52 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT52

Der Künstler Siamak Filizadeh

inspiriert sich an persischen

Traditionen

Art Vergrösserungsglas, das die Entwick-lung des Landes, das Achterbahn fährt im Spannungsfeld zwischen Reformern und Extremisten, fokussiert wiedergibt. «Die international kaum beachtete irani-sche Gegenwartskunst entwickelt sich rasant. Mit der Öffnung des Landes und der Rückkehr der Vertriebenen hat sich eine neue Gemeinschaft aus begeister-ten Sammlern und Kuratoren gebildet, was jungen Künstlern neue Chancen er-öffnet», beschreibt sie die Entwicklung.

______Freitag ist Galerientag Jeweils am Freitagnachmittag machen sich eingeweihte Kunstliebhaber zur Tour durch die Galerien auf. Obligato-rischer Stopp ist die Assar Gallery in einem wichtigen Kulturviertel mitten im Stadtzentrum. Sie wurde 1999 eröff-net und ist über die Grenzen Irans hin-aus bekannt. Zwölf aufstrebende oder etablierte bildende Künstler werden hier ausgestellt. Iman Afsarian, einer der berühmtesten lebenden Künstler des Landes, gehört dazu, aber auch der Bildhauer Mohammad Hossein Emad und Samira Alikhanzadeh, deren Wer-ke aus Familienfotos aus den Vierziger- und Fünfzigerjahren bestehen. «In den

letzten Jahren ist die Zahl der Schulen und Privatkurse, in denen sich die jun-ge Generation Kunstschaffender aus- und weiterbildet, stark gestiegen», meint Maryam Majd, die Co-Direktorin der Ga-lerie, und betont: «Aufgrund des kultu-rellen iranischen Erbes und der inten-siven sozio-politischen Umstände hat der künstlerische Ausdruck hier eine eigene Sprache, die mit keinem ande-ren Land der Region vergleichbar ist.»Wenige Strassen weiter liegt die Gale-rie Ab/Anbar. Das ganz in der Nähe der Hauptverkehrsachse Enghelab gelege-ne traditionelle Gebäude wurde 2014 in eine experimentelle Galerie umgewan-delt. Gleichzeitig dient es in- und aus-ländischen Künstlern als Austausch-plattform.

______Aufkommen neuer KunstformenAusstellungen in Teheran sind mehr als eine künstlerische Erfahrung. Sie treten an die Stelle traditioneller Treff-punkte und können sogar eine soziale Kraft entwickeln. «Da Bars und Clubs im Iran verboten sind, treffen sich die jungen Generationen häufig in Kunst-galerien», erklärt Yasaman Alipour.

Die Kronjuwelen und der Golestan-Palast sind die beliebtesten Sehenswür-digkeiten Teherans. An ihnen kommt kein Besu-

cher vorbei. Ebenso interessant und aufschlussreich ist aber ein Abstecher in die Galerien zeitgenössischer Kunst. 1973 zählte man in der iranischen Hauptstadt 13 solcher Lokale, 2008 wa-ren es bereits 145. Mittlerweile hat sich diese Zahl auf weit über 200 erhöht, ob-wohl das Regime seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 den Kampf ge-gen westliche Einflüsse verschärft hat und sowohl Filme als auch Musik, Li-teratur und Kunst schonungslos zen-siert. Eben einer der typisch iranischem Widersprüche. «Einen Fuss nach Teheran zu setzen, bedeutet, über Stereotypen hinweg-zusehen und sich mit der Komplexi-tät der Stadt auseinanderzusetzen», sagt die iranische Künstlerin und Kul-turjournalistin Yasaman Alipour. Die junge Frau ist vor fünf Jahren aus der iranischen Hauptstadt nach New York gezogen und widmet ihre Kunst heute der Fotografie und konzeptuellen Ins-tallationen. Für sie sind Galerien eine

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 53LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 53

«Einen Fuss nach Teheran zu setzen, bedeutet, über Stereotypen hinwegzusehen und sich mit der Komplexität der Stadt auseinanderzusetzen»

Ein Werk von Samira Alikhanzadeh, die sich mit

Themen wie Identität beschäftigt.

Ausserdem begegnen die Kuratoren den Touristen und möglichen auslän-dischen Käufern mit mehr Offenheit. Sie denken internationaler und verfassen zum Beispiel Erklärungen und Katalo-ge auf Englisch.»Eine weitere Station ist die Aaran Gal-lery im Norden der Stadt. Der 2008 er-öffnete Kulturraum konzentriert sich auf die Kunst von Kindern der Revo-lution, das heisst Künstlern, die gerade vor oder nach der Gründung der islami-schen Republik geboren wurden. «Wir wollen zeigen, wie sich die von Gewalt, Krieg und Unsicherheit geprägten Jah-re in den Werken der jungen Künstler niederschlagen», erklärt die Galeriebe-sitzerin Nazila Noebashari ihr Konzept. Sie hat in ihren vier Wänden schon die Pop-Kreationen von Siamak Filizadeh und die Videoinstallationen von Barbad Golshiri, dem Sohn eines berühmten iranischen Schriftstellers, ausgestellt, aber auch die Bilder des jungen Malers Shahryar Hatami und des Fotografen Dadbeh Bassir. Sie verkörpern alle eine neue Künstlergarde, die ihre Werke teil-weise sogar international ausstellt und auch in Privatsammlungen vertreten ist. Nazila Noebashari kümmert sich auch um das Aaran Project, das sie uns enga-giert ans Herz legt. Es ist seit dem 14. Juli 2015 in einem Gebäude aus den Zwan-zigerjahren ganz in der Nähe der italie-nischen Botschaft untergebracht und wurde am Tag des historischen irani-schen Atomabkommens eröffnet, wie Noebashari betont.Die schnelle Entwicklung der zeitgenös-sischen Malerei, Bildhauerei und Foto-grafie ist nichts im Vergleich zum rasan-ten Aufwärtstrend der Videokunst und der damit verbundenen Performances. Aaran Gallery organisiert zwei Mal im Jahr ein dieser Kunstform gewidme-tes Festival, das immer breitere Zustim-mung findet. «Wir spüren ein grosses, weltweites Interesse für diese höchst aktive Szene», so Nazila Noebashari. Dennoch: Die Zensurbehörde über-wacht die lebhafte Kunstszene in Te-heran voller Misstrauen und schreckt auch nicht davor zurück, als subversiv eingestufte Werke schlicht und einfach zu verbieten oder gar zu verstümmeln.

______Im Norden und im Süden der Hauptstadt In den vornehmen, etwas weniger ver-schmutzten, aber auch weniger am Puls der Zeit gelegenen Vierteln im Norden J.

R.S

Yasaman Alipour

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT54 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT54

en. Am Fuss des Berges liegt die Etemad Gallery. Sie ist aus der Kunstszene Tehe-rans nicht mehr wegzudenken, agiert sie doch als Sprachrohr zahlreicher Künstler in ihrem Kampf gegen die Stereotypen des traditionellen Iran. Die unaufhaltsa-me Expansion der Kunstszene erstaunt sogar Yasaman Alipour: «Es ist erstaun-lich, wie sich die Gegenwartskunst in der Stadt verbreitet hat. Sie hat sich lange auf

das Stadtzentrum beschränkt, sich dann aber bis ins bürgerliche Quartier im Nor-den ausgebreitet, wo sie heute fest veran-kert ist. Aber auch in den Arbeitervier-teln im Süden mehren sich Räume, in denen sich die Künstler ausleben kön-nen.» Ein ansteckender, vielverheissen-der Trend, der durch die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran weiter an Dy-namik gewinnen wird.

von Teheran drängt sich ein Besuch im Dastan’s Basement auf. Die Galerie prä-sentiert fast nur junge, vielsprechende Künstler und vor allem Werke auf Pa-pier. Kennzeichnend ist diese Zeich-nung von Googoosh, einer iranischen Sängerin und Schauspielerin, die in ihrer Heimat seit 1979 nicht mehr auf-treten darf. «Dastan möchte in der Ge-schichte des Landes eine Verständi-gungsbasis finden, in der die bildende Gegenwartskunst ihren Platz hat. Was vor fünfzig Jahren die geometrische Abstraktion und die Kalligraphie wa-ren – nämlich die aktuelle Antwort auf dieses Anliegen –, sind heute die Illus-trationen», beurteilt Yasaman Alipour die Situation.Auch die Silk Road Gallery in unmittel-barer Nähe des Niavaran-Palasts sollte man auf keinen Fall verpassen. Sie ist der erste der zeitgenössischen Fotogra-fie gewidmete Ausstellungsort in Teher-an und eine Art Brutstätte für neue Ide-

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Die Malerin Elahe Heidari findet viele ihrer Motive auf der Strasse

«Callidrawing» ein Werk von Reza Abedini bei der Galerie Ab/Anbar

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 55

Die Bombe von Zürich

« jolifanto bambla o falli bambla / großiga m’pfa habla horem / egiga goramen / higo bloiko russula huju / hollaka hollala / anlogo bung / blago bung blago bung bosso fataka / ü üü ü / schampa wulla wussa olobo / hej tatta gorem / eschige zunbada / wulubu ssubudu uluwu ssubudu / tumba ba-umf / kusa gauma / ba – umf »

Man muss sich das mal vorstellen! Mitten im Ersten Weltkrieg. Mit-ten in einem gutbür-gerlichen Zürcher

Winter, im ersten Stock einer Altstadt-kneipe, versammeln sich Emigranten aus halb Europa, singen Protestlieder, versuchen sich in hirnverbrannten Kunstformen, tragen politisch unkor-rekte Gedichte vor, lallen sinnlose Lau-te in verrückten Rhythmen, stampfen, singen, verkleiden sich in kubistische Kostüme, ziehen sich Masken über, die aussehen wie von Kindern gebastelt, und vollführen darin wirre Tänze. «Ein undefinierbarer Rausch hat sich aller

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«Ein undefinierbarer Rausch hat sich aller bemächtigt. Das kleine Kabarett droht aus den Fugen zu gehen und wird zum Tummelplatz verrückter Emotionen»

bemächtigt. Das kleine Kabarett droht aus den Fugen zu gehen und wird zum Tummelplatz verrückter Emotionen», notiert ein gewisser Hugo Ball danach. «Ein Haufen wirklich Irrer», wird Sig-mund Freud später abschätzig urteilen. Doch die, die sich da so völlig daneben-benahmen, waren nicht einer Anstalt entwichen. Es war nicht weniger als ein Teil der jungen, vielversprechenden, eu-ropäischen Intelligenzija, die sich Luft verschaffte. Ein paar Tage später fanden sie auch einen Namen für sich: Dada.«Feuerpolizeilich keine Bedenken» sah der damalige Besitzer der Liegenschaft Spiegelgasse 1 in Zürichs Altstadt, um im ersten Stock der Kneipe «Meierei» ei-

Johannes Baargeld: Venus

beim Spiel der Könige,

Collage 1920

Hugo Ball Deutscher Schriftsteller und Dada-Mitgründer

Freundin Emmy Hennings. Um sie scharte sich die ganze Hautevolee der europäischen Künstler-, Dichter- und Theaterszene, alles geistige Revoluz-zer, kaum dreissigjährig. Darunter die Schweizer Hans Arp und Sophie Taeu-ber, der rumänische Architekt Marcel Janco und sein Landsmann und Dich-ter Tristan Tzara, der deutsche Lyriker Richard Huelsenbeck oder der Schrift-steller Walter Serner aus Böhmen. Die

nen Veranstaltungsort namens Cabaret Voltaire zu bewilligen. «Und er behielt recht», sagt Stefan Zweifel, Co-Kura-tor der Ausstellung Dada Universal im Landesmuseum Zürich, heute. «Dafür explodierte am Eröffnungsabend des 5. Februar 1916 in Zürich eine veritab-le Brandbombe! Mit einer Zündschnur, die quer durch Europa und sogar in New York immer wieder zu Explosionen füh-ren sollte.» Gastgeber an jenem Eröffnungsanlass des neuen Künstler- und Intellektuel-lentreffpunkts (nicht zufällig benannt nach dem französischen Aufklärer Voltaire) waren die zwei jungen deut-schen Emigranten Hugo Ball und seine

Lautgedicht von Hugo Ball, vorge-

tragen am 23. Juni 1916 in Zürich

Hans Uli von Erlach

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT56

Schweiz, Zürich im Besonderen, war der Schmelztiegel der europäischen Kultur-flüchtlinge. Fern vom Artilleriedonner versammelte man sich zum Protest. Nicht nur gegen den Krieg, sondern ge-gen die etablierte Kunst des bourgeoi-sen Establishments, gegen das einen-gende Bildungsbürgertum insgesamt, das diesen Krieg hervorgebracht hatte. War Dada also Protest? Oder Urschrei einer Gruppe von Gesellschaftskriti-kern? Oder einfach eine neue Art von Kunst? «Alles ist Dada», soll Dada-Iko-ne Tristan Tzara einmal sibyllinisch geantwortet haben. Überhaupt ist die Entstehung des Wortes umrankt von Legenden. Eine besagt, dass Hugo Ball (oder doch Tzara?) mit einem Messer in ein deutsch-französisches Wörterbuch stach und das Wort «dada» traf. Eine an-dere, ganz prosaisch, dass das damals populäre Haarwaschmittel Dada als Na-menspate diente. Gut möglich, denn die Dadaisten (die sich selbst nie so nann-ten) suchten bewusst mit vermeintli-chen Banalitäten ihre Verneinung aller geltenden Ideale und Normen zu de-monstrieren. Heute erinnert sich der Zürcher Schriftsteller und Journalist Peter K. Wehrli: «Die beste Definition nannte mir später der deutsch-amerika-nische Filmkünstler Hans Richter, selbst ein Dadaist der ersten Stunde: ‹Dada kämpfte gegen die Überschätzung je-ner Vernunft, die Krieg und Zerstörung als logische Begleiterscheinung des menschlichen Lebens zu legitimieren versucht.›» Wehrli lernte in den Sechzi-gerjahren mehrere Dada-Gründer und -Kollaborateure kennen und lancierte mit ihnen im legendären Zürcher Café Odeon 1966 eine Fete zum 50. Jahrestag des Dadaismus. Später schuf er mehrere Fernsehfilme über einzelne Protagonis-ten von damals.

______«Der Hauptbeitrag von Dada war die Auf lösung der Grenzen zwischen den künstlerischen Sparten», analysiert Peter K. Wehrli: «Dichtkunst war auch Musik, Schriftkunst war auch Bild, Klang war auch Fotografie, Tanz konnte man auch sprechen.» Es sind diese errungenen Freiheiten, die die Kulturszene europa-, ja weltweit infizier-

« Der Hauptbeitrag von Dada war dieAuflösung der Grenzen zwischenden künstlerischen Sparten »

Collagen sind ein Medium der Dada-Künstler: Chine-sische Nachtigall, 1920. Collage von Max Ernst

ten und bis heute beeinflussen. Denn schon kurz nach dem denkwürdigen Februar 1916 schwärmten die Gründer aus und gründeten neue Dada-Grup-pen. Neben den Metropolen Paris, Ber-lin, New York gab es weitere wichtige Da-daisten in Köln, Hannover und Weimar, in Barcelona und Madrid, in Amsterdam, Zagreb oder Bukarest, in Genf und auf dem Monte Verità im Tessin. Der Dada-Gedanke der Provokation wurde lokal und regional weitergesponnen, in an-

dere Philosophien und Kunstrichtun-gen abgewandelt. Neue Generationen von Performern, bildenden Künstlern, Filmern und Dichtern entstanden, die sich in direkter Linie als Kinder, Enkel und Urenkel der Dada-Väter identifizie-ren lassen. Surrealisten wie Max Ernst und Kurt Schwitters, Leute wie Kon-zeptkünstler Marcel Duchamp, Dich-ter André Breton oder Fotokünstler Man Ray bezogen sich auf Dada. Surrealisten, Konstruktivisten, Existenzialisten und

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Peter K. Wehrli

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 57

die Fluxus-Gruppe waren die direkten Erben, später Pop Art, Punk und Graffi-ti. Heute hoch gehandelte Künstler wie Keith Haring und Andy Warhol, Perfor-merin Marina Abramović, Videokünst-lerin Pipilotti Rist, Installationsaktivist Thomas Hirschhorn oder das Künst-lerduo Fischli Weiss wären ohne Dada vielleicht undenkbaren. Womöglich las-sen sich auch Musiker wie Lady Gaga und Konzeptkünstler Dieter Meyer dazu zählen. Und manche Videoclips auf MTV spielen avantgardistisch mit dem Stil der Dada-Collagen, bloss in ei-nem heutigen, digitalen Medium.

______«Dada hat nie aufgehört!», ruft denn auch Cynthia Odier enthusias-tisch aus. Die in Ägypten geborene Griechin, einst selbst Tänzerin, hat vor vierzehn Jahren in Genf die Fondation Fluxum gegründet, die seit 2013 auch den Zürcher Ableger Flux Laboratory hat. «Das Multidisziplinäre der Dadais-ten hat dieselbe DNA, die unsere Per-formances schon immer prägte», sagt sie. Es gehe um das Sich-Verstehen in anderer Sprache, um die veränderte Sicht auf Werte. «Es ist derselbe Ans-pruch, den die Dadaisten hatten, jetzt zu heutigen Themen.» How to put a

Price on Values ist das Leitmotiv, un-ter dem Flux in Zusammenarbeit mit dem Verein Dada 100 Zürich acht Pro-duktionen aus aller Welt präsentiert. Ab dem 7. April werden sie auch vom Flux Laboratory in Genf gezeigt, das Cynthia Odier zum Dada-Hauptquar-tier der französischen Schweiz macht. «Ideen sollen reisen!», sagt die enga-gierte Mäzenin. Ganz gemäss dem ori-ginalen Dada-Konzept.So feiert nun die weltweite Kunstsze-ne die Dadaisten. Mit Ausstellungen in just jenen etablierten Kunsttempeln, die die Kulturrebellen damals bekämpften. Die einst als widerspenstiges Labor für höheren Unsinn gedachte Bewegung von Kultur-Bewegten ist längst salon-fähig geworden. Ein Widerspruch, von den Gründern aber durchaus gewollt. Die Dada-Bühne des Cabaret Voltaire schloss schon nach vier Monaten, hat-te aber ihre zündende Wirkung bereits getan (seit dem Jahr 2004 gibt es das Ca-baret Voltaire wieder, quasi als Gedächt-nis-Institution; Anm. der Red.). Schon im Januar 1917 übernahmen Ball und Tzara eine Galerie an der renommier-ten Zürcher Bahnhofstrasse, stellten Da-da-Künstler aus und führten die Best of Cabaret Voltaire auf. Dada-Kenner Peter

Alle Informationen über die vielen Ausstellungen und Veranstaltungen in aller Welt unter www.dada100zue-rich2016.ch

Raoul Hausmann, P, um 1920-1921, Collage

Hugo Ball im kubistischen Kostüm, 1916 in Zürich.

K. Wehrli: «Es war Tzara und Co. durch-aus klar: Nur wenn Dada sich in der Kul-turszene etablieren konnte, war eine weiterführende Wirkung möglich. Das grosse ‹Anti› brauchte ein Echo.» Jetzt, 2016, wird dieses Echo wieder gehört. Wir beobachten es mit gemischten Ge-fühlen. Der Kunstkenner in uns bewun-dert die befreiende Kreativitätslawine, die von Dada losgetreten wurde. Und der Humanist in uns stellt etwas resig-niert fest: Weder die Gründergeneration noch ihre Enkel und Urenkel haben das ursprüngliche Ziel erreicht. Wirtschafts-fatalismus und Kriege prägen unsere Welt nach wie vor, mehr noch als vor hundert Jahren. Immerhin kann man sich diesen Satz von Hugo Ball verinner-lichen: «Gerade in dieser haltlosen Zeit ist es wichtig, Haltung zu bewahren.»

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT58

 AnneWalser

schauen. Meine Mutter hat dann die feh-lenden Szenen für mich stenografiert und sie mir beim Frühstück vorgelesen.

Welche Filme haben Sie damals besonders berührt?

«Irma La Douce» von Billy Wilder, wo-bei mich vor allem die grünen Strümp-fe von Shirley MacLaine faszinierten. Und Alfred Hitchcock. Besonders ge-prägt von ihm hat mich «Rear Window» («Fenster zum Hof»). Weil alles simpel wirkt, in einem einzigen Raum spielt und die eigene Fantasie weit über das hinaus mitläuft, was im Film effektiv ge-zeigt wird.

Ihr Job ist ein Spagat zwischen Kunst und Kommerz, auch in der Schweiz sind Millionenbeträge im Spiel. Was gilt es da zu beachten?

Ich muss von meiner Idee voll über-zeugt sein. Und ich muss einkalkulie-ren, dass ich jahrelang mit dem Projekt befasst bin. Ohne den Glauben ans Ge-lingen geht nichts.

Filme von Ihrem Qualitätsanspruch sind in der Schweiz nur mit Fördergeldern realisierbar…

…ja, denn im kleinen Filmland Schweiz sind die Finanzierungsmöglichkei-ten limitiert. Wir sind auf Beiträge des Bundesamtes für Kultur, des Schwei-zer Fernsehens SRF und – als Zürcher Firma – von der Zürcher Filmstiftung angewiesen. Im Ausland ist es wegen der dort grösseren Anzahl der Fernseh-sender teilweise einfacher. Allerdings ist dort die Konkurrenz grösser. In jedem Fall muss man in der Schweiz den Heim-markt mit den zuständigen Leuten sehr gut kennen.

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Wir schleichen nicht dauernd über

rote Teppiche.»

«Luxe» hat die weltgewandte, zielstre-bige, vielseitig kreative und charmante Filmfachfrau zum Gespräch getroffen.

Frau Walser, für unser Gespräch haben Sie den Sitzungsraum Ihrer Firma C-Films gewählt. Von Glamour keine Spur. Entspricht das Ihrem Wesen?

Weniger. Privat ist privat, Geschäft ist Geschäft. Der Raum spiegelt den Esprit unserer Firma. Wir sind ein Team, das durch gemeinsame Kämpfe freund-schaftlich zusammengewachsen ist. Wir schleichen nicht dauernd über rote Tep-piche. Showbusiness, Chichi und Gla-mour gibt es anderswo.

Immerhin arbeiten Sie zuweilen an mondänen Orten. Etwa im Hotel Waldhaus im bündnerischen Flims, wo Teile Ihres Erfolgsfilms „Youth“ gedreht wurden.

Wir suchen für jeden Film die beste Büh-ne. Wenn es sich dabei um ein tolles Ho-tel handelt, umso besser für alle. Da ist die Logistik optimal, das Ambiente fan-tastisch. Man kann sich beim Arbeiten quasi austoben.

Das Publikum ist primär an Stars interessiert. Produzenten sind, mindestens hierzulande, meistens eine unbekannte Grösse. Was ist ihre Bedeutung?

Sie sind das Herzstück, ohne Produzen-ten gibt es keine Filme. In einem Film-team wollen alle bezahlt und umsorgt sein, wie eine Art Herde. Vielleicht eig-nen sich Frauen deshalb ganz gut für diesen Beruf. Ich habe einmal scherz-haft gesagt, dass ich mir zuweilen wie eine Mama vorkomme.

Welche Eigenschaften sind für Sie beruflich unverzichtbar?

Neugierde und Toleranz. Als Filmpro-duzentin muss man zulassen können, dass der eigene Kopf nicht das Mass al-ler Dinge ist. Zuhören können und Of-fenheit aufbringen für die Ideen anderer sind die Schlüssel, um nicht an Mustern festzuhängen. War Filmproduzentin Ihr

Berufsziel?Nein. Ich wollte als Fotografin Geschich-ten mit einem einzigen Bild erzählen. Nun tue ich das mit vielen Bildern. Ich habe das Glück, in einer Branche gelan-det zu sein, wo das möglich ist.

Wann haben Sie die Magie des Films entdeckt?

Ich war ein Bücherwurm, und mein Va-ter hat mir Kinoklassiker nahegebracht. Gewisse Filme durfte ich als Kind im Fernsehen allerdings nie bis zum Ende

«Die in Paris geborene Anne Walser ist zurzeit die international erfolgreichste Schweizer Filmproduzentin. Ihre italienisch-schweizerische Koproduktion „Youth“, mit Stars wie Harvey Keitel, Michael Caine und Jane Fonda, wurde unlängst mit drei European Film Awards ausgezeichnet sowie für zwei Golden Globes und den Oscar für den besten Originalsong nominiert. Michael Lang - Foto: Dominik Büttner

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Sie gehören zu einer Produzentengeneration, die gegenüber dem Fernsehen keine Berührungsängste hat?

Ja, obwohl es natürlich Unterschiede gibt. Der Fernsehzuschauer will schnell erobert sein, Fernsehen ist aus Konkur-renzgründen ein knallhartes Medium. Im Kino kann man sich narrativ mehr Zeit lassen. Ich finde es gut, dass das Schweizer Fernsehen SRF eine Film-reihe produziert, die sich auf Schweizer Themen konzentriert. Dank ihr können auch neue Filmemacher ausgebildet und begleitet werden.

Was wird von den Geldgebern als Hauptkriterium gefordert?

Ein klarer Schweizer Bezug. Bei «Groun-ding» war es das Ende der nationalen Fluggesellschaft Swissair, in «Die Akte Grüninger» die Geschichte eines huma-nitär agierenden Schweizer Beamten am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Die Verbindung kann sich aber auch über Schweizer Bestseller-Autoren wie Pascal Mercier («Nachtzug nach Lissabon») oder Martin Suter («Der Koch») ergeben. Im Fall von «Youth» wollten die italieni-schen Partner ursprünglich in den Dolo-miten drehen. Wir haben sie überzeugt, dass die Schauplätze und die Hotels

Entscheidende: eine emotionale Story mit überzeugenden Darstellern.

Haben Sie eine Affinität zum kreativen Rollenspiel?

Durchaus. Ich betreue ja mehrere Pro-jekte gleichzeitig, in allen Bereichen. Mich interessiert alles. Die etwas nüch-terne Seite des Budgetierens und Rech-nens ebenso wie das Kreative, das Schreiben. Natürlich muss ich es auch aushalten, wenn etwas nicht klappt, und entsprechend handeln.

Wann zum Beispiel?Falls ein Drehbuch nach Jahren immer noch zu wenig gut ist, muss man bru-tal entscheiden, dass sich die Weiterfi-nanzierung nicht mehr lohnt. Mein Ge-schäftspartner Peter Reichenbach und ich schauen einander diesbezüglich ge-nau auf die Finger. Wer ein Unterneh-men führt, kommt nie zur Ruhe, und auf Lorbeeren auszuruhen, ist keine Option. Das ist die Crux – und die Lust auf Neues ist die Triebfeder.

Filme zu produzieren, ist Herzblutsache. Was ist es für ein Gefühl, wenn das erste Publikum eines Werks im Saal sitzt?

in unseren Alpen schöner und besser sind, und so wurde die Geschichte auf die Schweiz umgeschrieben.

Wie finden Sie Ihre Projekte?Autoren melden sich oft direkt bei uns. Oder wir selbst haben Ideen im Team. Momentan beschäftigt uns beispiels-weise ein Stoff über den Zürcher Refor-mator Huldrych Zwingli, der mich seit der Lektüre einer Biografie fesselt. Ei-gentlich könnte ich über jedes Thema einen Film produzieren. Aber man darf nie nur die eigenen Steckenpferde rei-ten. Man muss hellhörig sein, wenn sich im Markt ein Publikum für bestimmte Themen abzeichnet. Im Kino lasse ich mich auch von anderen Filmen inspi-rieren. Ich mag etwa die Werke des Me-xikaners Alejandro González Iñárritu und generell Episodenfilme.

Ihre Filme gefallen unter anderem wegen ihrer sorgfältigen Erzählstrukturen. Auf die grossen formalen Gebärden wird verzichtet. Aus Budgetgründen?

Wir verfügen tatsächlich nicht über die Mittel für bombastische Ausstattungen und Szenerien. Wir machen die Not zur Tugend und konzentrieren uns auf das

Glamour auf dem Set: Jane Fonda im Film «Youth», einer Koproduktion von Anne Walser.

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Ich schätze die spannenden Momente, wenn wir die Reaktion eines Testpub-likums eruieren, um allenfalls Ände-rungen an einem Film vornehmen zu können. Es darf nie darum gehen, das eigene Ego zu befriedigen.

Reizt es Sie zuweilen, auf dem Set Einfluss zu nehmen?

Der Reiz ist da, klar. Ich bin ja nicht nur für das Budget zuständig, sondern von der Drehbuchentwicklung bis zur Tech-nik- und Regiebesetzung involviert. Wenn der Regisseur feststeht, suche ich mit ihm die Schauspieler aus und kom-muniziere in der Planungsphase eng mit ihm. Filmen hat viel mit Vertrauen zu tun, darum lasse ich die Leute arbei-ten. Aber selbstverständlich beobachte ich, was und wie es auf dem Dreh läuft.

Mischen Sie sich auch mal ein?Selten. Aber wenn der Zeitplan kolla-biert, werde ich nervös.

Gibt es etwas, was Sie besonders freut?

Wenn ein Plan aufgeht, wie kürzlich im Fernsehfilm „Lina“, wo wir der erst 18-jährigen Schauspielerin Rabea Egg die Hauptrolle anvertraut haben. Sie hat ihren Job super gemacht und sogar den Schweizer Fernsehfilmpreis gewonnen. Ich finde, die junge Frau hat Starpoten-zial. Das macht Freude.

Drehtage können schon mal sechzehn Stunden und länger dauern. Wie schafft man das?

Filmen ist eine Stresssituation, physisch und psychisch. Nur wer sich wohlfühlt, kann seine Rolle ausfüllen. Ich bin oft auf dem Set und versuche, meinen Beitrag für eine gelöste Stimmung zu leisten.

In der Aussenwahrnehmung haftet dem Filmgeschäft immer noch etwas Männerlastiges an. Ist dem so?

Anne Walser ist seit 1999 für die Filmproduktion C-Films mit Sitz in Zürich und Hamburg tätig. Seit 2007 ist sie mit dem Produzenten Peter Reichenbach auch Inhaberin des Unternehmens. C-Films bringt regelmässig künstlerisch hochwertige, publikumswirksame Fernseh- und Kinofilme heraus. Auf Koproduktionsbasis etwa den international besetzten Welterfolg «Nachtzug nach Lissabon» (Regie Oscar-Preisträger Bille August, mit Jeremy Irons, Charlotte Rampling, Christopher Lee und Bruno Ganz) und «Youth», mit Stars wie Michael Caine und Jane Fonda. Als Eigenproduktionen u. a. den aktuellen Box-Office-Hit «Schellen-Ursli» (Regie: Oscar-Preisträger Xavier Koller), «Der Goalie bin ig» nach dem Kultroman von Pedro Lenz und «Grounding» über den Niedergang der Swissair. Zudem hat Anne Walser «Die Akte Grüninger» über die humanitäre Zivilcourage eines Schweizer Beamten produziert.

«Filmproduktion ist ein 100%-Job, derkein Jonglieren mit weiteren Tätigkeiten zulässt.

Ich bewundere Frauen, die sich danebennoch um eine Familie kümmern.»

Unter den jüngeren Filmschaffenden, mit denen ich zu tun habe, sind etli-che starke Frauen. Ich selbst hatte den Vorteil, stets von intelligenten Leuten umgeben zu sein, egal, ob Mann oder Frau. Was zählte, war das Resultat. Na-türlich ist Filmproduktion ein 100%-Job, der kein Jonglieren mit weiteren Tätig-keiten zulässt. Ich bewundere Frauen, die sich daneben noch um eine Fami-lie kümmern.

Wie halten Sie es mit dem Luxus?Ich bin ein absoluter Genussmensch. Ich liebe es, in der Natur zu sein, zu es-sen, zu wellnessen. Leider habe ich im-mer zu wenig Zeit, und bei den schönen Dingen des Lebens vergeht sie ja beson-ders schnell. Beruflich empfinde ich es als Luxus, mit Menschen lustvoll etwas zu kreieren und nicht irgendwelche Auftragsarbeiten erledigen zu müssen.

Haben Sie eine spirituelle Ader?Zumindest eine sensitive Ader, die ich

regelmässig im Yoga auslebe. Und als ehemalige Balletttänzerin liebe ich klas-sische Musik. Mein Kater ist übrigens Chopin-Fan. Also hören wir oft zusam-men, das beruhigt.

Sie sind in Paris geboren und teilweise dort aufgewachsen. Was verbindet Sie mit dem französischsprachigen Raum?

Paris zieht mich immer wieder an, ich fühle mich dort wie zu Hause. Beruflich habe ich den Eindruck, dass sich die französische Kultur nach aussen eher weniger öffnet. Darum ist es noch nie zu einer Koproduktion mit uns gekom-men. Aber ich habe mir in den Kopf ge-setzt, das zu ändern.

Anne Walser, was ist für Sie Glück?

Ambitioniert sein zu dürfen und gleichzeitig zu schätzen, was man hat. Erfüllung und Zufriedenheit, das ist Glück.

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Monument aus lauter Bambus

In Sachen Besessenheit besitzt der italienische Verleger und Kunstsammler Franco Maria Ricci eine seltene Ausdauer. Die Idee eines eigenen Labyrinths beschäftigt ihn seit mindestens zwanzig Jahren. Eintauchen in ein grünes Paradies und in den weltweit grössten Irrgarten in Grün. Sébastien Ladermann

Pflanzen verschiedener Bambusarten

säumen die drei Kilometer langen

Irrwege des Labirinto della

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Verleger, Kunstsammler

und besessener Gartengestalter

« Labyrinthe und Gärten gehören zu denältesten Erfindungen der Menschheit »

Hohe, dichte grüne Wände dämpfen die Stimmen der auf den ganz nahen und dennoch unsicht-baren Alleen wandeln-

den Menschen. Man taucht ein in ein total grünes Universum. Geschützt von den wuchtigen Kronen der bis zu sechs Meter hohen Bambusse hat man grösste Mühe, die Orientierung zu behalten. Es ist eine echte Herausforderung, aus die-sem acht Hektar grossen Bambusgarten bei Fontanellato in der Nähe von Parma herauszufinden.

______Das drei Kilometer umfassende Wegenetz ist ausschliesslich mit Bam-bus bepflanzt. Insgesamt 200’000 Pflan-zen in fünfzehn verschiedenen Arten erwarten den entdeckungsfreudigen

Besucher. «Labyrinthe haben mich seit jeher fasziniert. Sie und Gärten sind die ältesten Erfindungen der Menschen.» Der Irrgarten mit den schnurgeraden Wegen wurde vom Gründer der re-nommierten Kunstzeitschrift FMR kon-zipiert und ist seit diesem Frühling auch Sitz seiner Stiftung.

______Die Idee des eigenen Labyrinths stammt aus der Zeit seiner Spaziergänge mit seinem langjährigen Freund, dem argentinischen Schriftsteller Jorge Louis Borges, der ebenfalls von dieser Allego-rie der Reise ins Innere des Menschen fasziniert war. Hinzu kommt, dass Fran-co Maria Ricci schon immer eine grosse Passion für den eleganten und schnell wachsenden Bambus hegte. Wie zur Belohnung stösst der Besucher im Herzen der Anlage auf die kostbare Kollektion mit Gemälden, Skulpturen und modernen Kunstobjekten, die der Sammler Ricci im Laufe der Jahre zu-sammengetragen hat. Zu bewundern sind auch sämtliche Bücher, die der Verleger Ricci herausgegeben hat. Es ist ein origineller, ambitionierter Ort, ganz nach dem Credo des Hausherrn: «Ent-weder man macht grosse Dinge oder gar nichts.» M

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Labirinto della Masone,

www.labirintodi- francomariaricci.it

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Mario Botta über Architekturund Erinnerung

Der weltweit gefragte grosse Schweizer Architekt ist aktiver denn je. Patricia Lunghi

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versuche ich, etwas anderes zu machen, aber ich finde nur dann meinen Frie-den, wenn ich zu meiner eigenen Sig-natur zurückkehre. Man darf aber Zei-chen nicht überwerten, denn mit dem gleichen Zeichen kann man Gutes, aber auch Schlechtes kreieren. Zeichen, oder eben Sprachen, sind keine Werte, son-dern ein Instrument. Konkret bedeutet dies, dass ich viel lieber mit natürlichen Materialien arbeite. Glas, Backstein, Na-turstein haben für mich eine viel stär-kere Präsenz und Ausdruckskraft als Aluminium oder industriell fabrizierte Elemente. Um die Reaktion der Mate-rialien besser zu verstehen, muss man sie einander gegenüberstellen, sie mit-einander konfrontieren. Bei den natürli-chen Materialien liebe ich geometrische

Formen und Materialien machen Ihren Stil unverkennbar. Haben Sie eine bestimmte Obsession?

Wie die Wissenschaftler ihr ganz spe-zifisches Terrain besetzen, liebe ich es, Sprachen zu kultivieren, zu denen ich ganz spezifische Affinitäten habe. Ich würde nicht von Obsessionen reden, sondern von Sprachen. Man spricht von musikalischer oder piktoraler Spra-che, etwa bei Klee oder Picasso. Ob er die «Demoiselles d’Avignon» oder ero-tische Zeichnungen kreierte, es war im-mer der gleiche Strich, auch wenn Pi-casso verschiedene Dinge zeichnete. Man kann dem nicht entgehen, diese Sprache befindet sich eher im Stift als im Kopf. Analog zu einem Instrument im Dienste einer Geschichte. Manchmal

Er hat unter anderem das Tin-guely-Museum in Basel ge-baut, das Centre Dürrenmatt in Neuenburg, das Modern Art Museum in San Francis-

co, das Campari-Haus in Mailand und die Kathedrale von Évry. Und gerade hat er verschiedene Projekte in Arbeit. In der Schweiz, aber auch in China. Ent-gegen unserer schnelllebigen Zeit hat Mario Botta den Wunsch, der Nachwelt Bleibendes zu hinterlassen.

Mario Botta, haben Sie als über 70-Jähriger nicht gelegentlich den Wunsch, eine etwas langsamere Gangart einzuschalten?

Im Gegenteil. Ich begann als 15-Jähriger zu arbeiten, ich arbeite seit 55 Jahren und möchte es bis 100 oder 120 tun. Ar-chitekten leben lang. Zwar sind sie sich dessen nicht bewusst, aber sie möchten ewig leben. Ich habe immer sehr viel ge-arbeitet. Arbeiten ist meine grosse Pas-sion. Bin ich krank, gehe ich ins Büro und bin wieder in Form. Probleme zu lösen, Ideen zu finden – das ist für mich das Nirwana. Die meisten Projekte habe ich jedoch im Bett entwickelt. Ich liebe den Schlaf, schlafe täglich zehn Stunden und finde so oft meine Inspiration.

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Hauptsitz Campari in Sesto San Giovanni in Italien (2007 und 2009)

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« Man muss seine eigene Sprache kultivieren, um Dinge immer wieder auf eine neue Art zu sagen. »

Formen, bei undefinierten Elementen die Präzision. Es geht um das Spiel der Ausgewogenheit von Formen, Massen, Linien, von Leere und Fülle. Um auf die Obsessionen zurückzukom-men: Jeder Mensch besitzt sein eigenes Vokabular. Es zu vertiefen, bedeutet, es besser zu verstehen. Es auszuloten, ist unendlich und kann oft zu überra-

schenden Resultaten führen. Man muss seine eigene Sprache kultivieren, um Dinge immer wieder auf eine neue Art zu sagen.

Ökologie ist Ihnen ein Anliegen. Wie kann man heute in der Architektur ethisch und ökologisch sein?

Ich mag diese Allerweltswörter nicht sehr. Es ist zwar wichtig, von Ethik und Ökologie zu sprechen, aber diese Begriffe sind zu Passepartouts geworden, eine Form, um einen Kon s e n s z u e rl a nge n . Fü r m ich bedeutet Architektur, ein Haus für Menschen zu bauen. Oder wie Walter Benjamin sagte: «Der ethische Wert eines Wandbildes ist sein piktoraler Wert, und der ethische Wert eines architektonisches Werkes ist sein architektonischer Wert.» Wenn jeder seine Arbeit gut macht, ist dies die beste Art, ethisch zu sein. Davon bin ich überzeugt. Man kann die Probleme der Welt nicht mit Architektur lösen. Man glaubte dies in den Sechzigerjahren, auch ich dachte damals so. Heute weiss

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ich, dass man mit Architektur nur die Architektur ändern kann; jeder von uns in dem Bereich, den er beherrscht.

Erinnerung ist für Sie ein wichtiges Element. Was bedeutet sie?

Der Mensch existiert, weil er sich erin-nert, das Gedächtnis ist eine Form der Gegenwart. Ich will die Vergangenheit nicht vergessen, denn sie ist Teil meiner Kultur und meines Lebens. Wir leben in einer Welt der extremen Komplexität und Schnelligkeit. Beide Aspekte sind

« Bauten von heute leben ein halbes Jahrhundert, während die Pyramiden seit Ewigkeiten bestehen!»

direkt proportional zum Vergessen: Je schneller man vorwärtsgeht, desto mehr braucht man ein Gedächtnis, denn al-les gerät schnell in Vergessenheit. Das ist schlimm. Architektur hingegen überdau-ert die Lebenszeit des Menschen. Mei-ne Arbeit wird für künftige Generatio-nen Zeugnis unserer heutigen Bauweise sein. So, wie wir die Zeugen der Vergan-genheit geerbt haben. Für mich ist un-ser Metier überaus verpflichtend und ethisch, es besitzt den Wert eines Zeug-nisses, denn jede Form von Architektur ist ein Spiegel der Gesellschaft.

Wie denken Sie über die zeitgenössische Architektur?

Ich bin sehr kritisch, denn ich finde, Ar-chitektur darf nie selbstbezogen sein. Die Arbeit des Architekten besteht dar-in, einen natürlichen Ort in einen künst-lichen zu verwanden. Die Natur zu ver-ändern, birgt eine Verantwortung, die über die Aktion hinausgeht. Architektur schafft nicht nur ein Objekt, sondern ei-nen räumlichen Bezug zwischen Objekt, Mensch und Kontext. Die heutige Ar-chitektur legt den Hauptakzent auf das Objekt, dabei geht es um das Bebauen

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Tschuggen- Bad «Bergoase»

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GEO, Bottas Kristallarchitektur für LaliqueFeuer und Sand sind die Basiselemente dieser Kristallvase. Mario Botta, fasziniert von der handwerklichen Glasherstellung von Lalique im elsässischen Wingen-sur-Moder, hat eine wie ein Diamant facettierte Skulptur gestaltet. Er wandte dafür das uralte Modellausschmelz-Verfahren an, bei dem reines Kristall in eine Form gegossen wird. Geo «terre» gibt es in zwei Grössen und drei Farben, in limitierter Edition.

von öffentlichem Grund. Darin liegt die grosse Verantwortung der Architekten.

Wie ist Ihre Beziehung zur Schweiz?

Ich hatte nie viele Projekte in der Schweiz, arbeitete hier vor allem für Private. Man beobachtet mich hier mit Misstrauen. Aber das ist nicht weiter er-staunlich. Als ich 1965 Giacometti traf, hatte die offizielle Schweiz noch kein einziges Werk von ihm erworben, nicht mal eine Lithografie. Zurzeit bin ich mit dem Thermalbad von Baden und dem Restaurant auf dem Monte Generoso be-schäftigt, das wie eine Steinblume aus dem Berg herausragen wird. Es ist ein seltsames Metier, denn es ist nicht der Architekt, der ein Projekt auswählt, son-dern er wird von jemandem ausgewählt. Ähnlich wie bei den Schauspielern. Und es ist immer wieder ein Wunder, wes-halb die Wahl auf einen fällt.

Wie arbeiten Sie? Wir sind im Moment 24 Personen, ohne die Administration. Ich habe keinen ei-genen Arbeitsplatz, sondern verfol-ge alle Projekte, gehe von morgens bis abends von einem Posten zum andern. Da korrigiere ich mit dem Stift. Ich arbei-te nicht am Computer, dies tun meine Mitarbeiter. Ich zeichne alles von Hand.

Was wird die Architektur kommenden Generationen hinterlassen?

Die zeitgenössische Kultur ist prekär, die heutigen Bauten werden nicht dauern. Was hinterlassen wir also der Nachwelt? Vielleicht einige Museen, Kirchen, öffent-liche Gebäude, so sie gut gebaut sind. Die heutigen Materialien und die schnelle Bauweise sind überaus fragil, der Urba-nismus der Zukunft wird das Demolie-ren und das Rekonstruieren sein, genau das Gegenteil von dem also, was wir bis heute gemacht haben. Wenn Sie sich um-schauen, entdecken Sie lauter schnell ge-baute Objekte, die in vierzig bis fünfzig Jahren abbruchreif sind. Wer sich heute ausserhalb dieser Konsumlogik bewegt, macht sich verdächtig. Für eines meiner grossen, gegenwärtigen Projekte in China musste ich eine Klausel unterschreiben, die garantiert, dass meine Bauten eine Lebensdauer von fünfzig Jahren haben. Es ist frustrierend zu denken, dass in ei-nem halben Jahrhundert diese Gebäude abgebrochen werden, während die Pyra-miden seit Ewigkeiten bestehen. P

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Museum of Modern Art San Fransisco (1992-1995)

Kirche Santo Volto, Turin (2001-2006)

Kellerei Château Faugères (2009)

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT68

Unwiderstehlich Jazz

Ta, tata,tata, boum, bang, pow, wizz... Die Pariser Jazzsze-ne ist quicklebendig wie eh und je, animiert die Näch-te entlang der Seine, sorgt

für den ganz speziellen Swing, manch-mal happy, manchmal slow. Es ist keine erstarrte Musik, sie war es nicht in den Fünfzigerjahren und ist es auch heute nicht in den Kellern von Saint-Germain-des-Prés. «Diese Musik ist frei», sagt die 25-jährige Agathe Iracema, Frontfrau ih-res Quartetts. Swing, Soul, Gypsy Music – Jazz ist offen für andere Stile, nimmt sie auf und emanzipiert sich von ih-nen. Jazz ist unwiderstehlich und im-mer neu. Eine aufregende Nacht in Paris.

______18.30 Uhr. Rue des Petites Écu-ries, Paris 10e. Schnell eine Zigarette vor der mit Programmzetteln überklebten Tür. Das Schild New Morning leuchtet am frühen Abend noch nicht wirklich hell, aber hinter der Stahltür sind bereits

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Der Pariser Jazz ist nicht tot, er hat bloss das Ufer gewechselt. Dies erleben wir mit Agathe Iracema, dem aufsteigenden Stern am zeitgenössischen Jazz-Himmel. Die Tour führt vom nächtlichen Saint-Germain-des-Prés bis zum Sonnenaufgang im Châtelet. Souverän führt die preisgekrönte Künstlerin ihr Agathe Jazz Quartet. Und uns durch die Pariser Jazzclubszene. Die Metropole ist seit den Fifties Destination der berühmtesten Sidemen Amerikas. Emilie Cailleux

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Jazz Quartet. «Ich liebe es, in grossen Sä-len, Opernhäusern und Theatern aufzu-treten. Auch sehr noble Orte eigenen sich für den Auftritt.» Zum Beweis füh-rt sie uns ins ehrwürdige Théâtre Tria-non, wo jazzig dröhnende Bässe, Schlag-zeug und die vibrierende Stimme des Crooner Hugh Coltman zu hören sind. Das Haus organisiert regelmässig Jazz-konzerte. Es ist 21.30 Uhr, das Publikum im prunkvoll vergoldeten Saal sitzt auf karminroten Sesseln und applaudiert dem Musiker im schwarzen Anzug mit der dunklen Krawatte noch eher verhal-

ge Programm renommierte Haus eine Art zweite Heimat geworden. Für die Künstlerin mit französisch-brasiliani-schen Wurzeln ist Jazz eine sich stets verändernde Musik. Und sie weiss, wo sie gespielt wird.

______Unsere Nacht in Paris steht ganz im Zeichen des Jazz. Schon das Fast-food-Lokal, wo wir einen Burger essen, ist mit zwar wenig passenden Porträts von Billie Holiday und Miles Davis ge-schmückt. Die Sängerin spricht von ihrer Bühnenerfahrung mit dem Agathe

«Ich liebe es auch, in noblen Sälen,Opernhäusern und Theatern

aufzutreten.»

Le Trianon, boulevard de Rochechouart

80, Paris XVIIIe, letrianon.fr

Jazzklänge von Omar, dem Soulprophe-ten aus England, und seinen fünf Mu-sikern zu hören. «Je mehr Bässe, desto kleiner der Nachhall.» Im rot gestriche-nen Club, dessen erster Ableger in Genf in den Siebzigerjahren eröffnet wurde, nehmen die Schwingungen Besitz von der grazilen Gestalt unserer Begleiterin. Die Sängerin ist hier zu Hause. «Hier prä-sentierte ich letzten März mein erstes Album Feeling Alive», erzählt sie unter dem Porträt von Elvin Jones. Keith An-derson, Barry Harris, Lou Donaldson, Miles Davis… der Ruhm des «New», wie Eingeweihte das Lokal nennen, gründet auf seiner Offenheit, auch neue Talente auf der Bühne auftreten zu lassen, auf der schon die Grossen der Jazzmusik gespielt haben, Fred Wesley, Nina At-tal und Agathe, die das New Morning seit ihrer frühesten Kindheit kennt. «Mein Vater war Musiker, als Kleinkind schlief ich oft in den Clubs.» Seither ist das für seine Akustik und das vielseiti-

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Agathe Iracema

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ten. Die Akustik ist hervorragend, der Kontakt zwischen Sänger und Publikum natürlich nicht wie in einem kleinen Jazzlokal. Coltmans Vortrag strebt dem Höhepunkt zu, ein Schlüsselmoment seiner Stimme, seiner Musiker und des Publikums. Noch während des Stücks wird heftig geklatscht. Jazz ist eben doch nicht Oper. Wechsel des Arrondissement, Wech-sel der Ambiance. Jazz gibt es im Ca-veau des Oubliettes, 52, rue Galande. Der Keller ist seit den Achtzigerjahren ein veritables Labor für berühmte Side-men und unbekannte Talente. Um diese Höhle der Musik zu betreten, gilt es den Kopf einzuziehen und die Ellbogen zu aktivieren. «Jazz ist nicht intellektuell, er spricht den Kopf an und die Gefüh-le», meint Agathe. Was man in diesem kleinen Lokal (Gratiseintritt!) beson-ders intensiv spürt. In den Tiefen von Saint-Michel bewegt man sich Körper an Körper zum Jam-Rhythmus. Orgel, Saxo-

fon, Gitarre, Schlagzeug… Immer mehr Musiker kommen auf die Bühne, das Publikum ist immer zahlreicher. Ganz in der Nähe befinden sich das Quartier Saint-Germain-des-Prés, die Universi-täten, man denkt an Sartre, Beauvoir, Vian und Modigliani, an die Zeit, als Existentialismus Humanismus bedeu-tete. «Die Nostalgie der Fünfzigerjahre ist ein bisschen Schaumschlägerei. Na-türlich waren dies die goldenen Jahre des Pariser Jazz. Aber Jazz war damals prägend, weil die Musik eng mit den in-tellektuellen und kulturellen Strömun-

«Swing, Soul, Gypsy Music – Jazz nimmt andere Stile auf und

emanzipiert sich wieder von ihnen.»

gen verbunden war», erklärt die Künst-lerin. Heute ist die Adresse Teil des Paris Jazz Club, einem Verein, der diese Musik im Raum Paris fördern und demokrati-sieren will.An der Rue des Lombards, wo wir we-niger in die Keller, sondern in die obe-ren Etagen steigen, reihen sich die Jazz-clubs Tür an Tür. Midnight in Paris, das Ambiente ist elektrisch. Im Baiser Salé, Hausnummer 58, hat Agathe ihr erstes Konzert gegeben. Hier treten viele jun-ge Künstler auf, die anschliessend wei-terziehen zum benachbarten Sunset/

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Agathe Iracema

Le Trianon

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Sunside oder zum renommierten Duc des Lombards, Nummer 42. Das in den Achtzigerjahren eröffnete Lokal ist chic und Treffpunkt eines etwas älteren Pu-blikums. «Wer im Duc spielt, ist schon eine gewisse Célébrité», erklärt Insiderin Agathe. Zwischen den Tischen jonglie-ren die makellos in weisses Hemd mit schwarzem Gilet gekleideten Serveurs, mit einem Glas in der Hand plaudert man über Ibrahim Maalouf, man kennt sich, Küsschen hier und Küsschen dort. Auf der Bühne präsentiert sich der Trompeter Nicolas Folmer, der an Agathes Album Feeling Alive mitgewirkt hat. Musiker mit ihrem Instrument un-ter dem Arm treffen ein, hören zu, ani-mieren sich gegenseitig zur Teilnahme an der Duc’s session. Spät in der Nacht wird auch Agathe zum Mikrophon grei-fen. Mit ihrer weichen, leicht rauchigen Stimme lässt sie unter der kalten, wei-ssen Beleuchtung des Duc ihre Blue No-tes swingen.

Le Baiser-Salé, rue des Lombards

58, Paris I, lebaisersale.com

Duc-des-Lombards, rue des Lombards

42, Paris I, ducdeslombards.com

Le Caveau-des-Oubliettes, rue

Galande 52, Paris Ve, lecaveaudesou-bliettes.wordpress.

com

The Birds Eye Jazz ClubKohlenberg 20, BaselFür Kenner ist dies einer der besten Jazzclubs Europas. Musiker und Publikum schätzen die hervorragende Akustik, die Intimität des Lokals und das erstklassige Programm, das sowohl renommierte Künstler als auch junge, lokale Musiker ins Rampenlicht stellt.

Marians JazzroomEngestrasse 54, Bern Blue Notes und Ohrenschmaus – Marians Jazzroom empfängt Stars von Jazz und Blues von Dienstag bis Samstag und ist fester Bestandteil des Internationalen Jazzfestivals Bern (12. März bis 21. Mai).

Chorusavenue Mon-Repos 3, LausanneJazz im intimen Keller. Oft überaus attrak-tives Programm.

Bee-FlatZähringerstrasse 28, BernDas spannende Programm favorisiert zeitgenössischen Jazz. Elektronischer Rhythmus und Klänge, Musik aus aller Welt, avantgardistische Elemente – Jazz, den man normalerweise so nicht zu hören bekommt.

Widder BarWiddergasse 6, ZürichLederfauteuils, cosy Ambiente, gedämpf-tes Licht. In der wunderschönen Bar im Herzen der Altstadt treten renommierte Jazzmusiker auf.

Le Sud des Alpes10 rue des Alpes, GenèveDer Verein zur Förderung der Musique improvisée (AMR) und das Musikzentrum laden zu Konzerten und Jamsessions. Kenner sind begeistert.

JAZZIG IN DER SCHWEIZ UNTERWEGS

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«Feeling Alive», das erste Album des Agathe Jazz Quartet, erschien 2015 beim Label Neuklang.

Sunset/Sunside, rue des Lombards

60, Paris Ier, sunset-sunside.com

New Morning, rue des Petites-Ecuries, Paris Xe, newmorning.com

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

Detailverliebt

Mode interessiert die Männer oft nicht gross. Sie wollen nichts Überflüssiges und keinen Firlefanz. Diese Saison könnten sie sich aber sogar für modische Finessen begeistern lassen. Kleine Details machen den grossen Unterschied. Sarah Jollien-Fardel

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Männermode kommt gerne bequem daher, ist selten von Trends abhängig und nicht bereits nach einer

Saison out. Modische Eintagsfliegen fin-det man in der Herrenbekleidung nur selten, denn Männer wollen in sichere Werte investieren. Die Materialien sol-len schön und hochwertig sein, die Pro-portionen passen und der Schnitt per-fekt sitzen. Die Kehrseite der Medaille? Der Look wirkt etwas langweilig, wenn nicht gar wie ein Déjà-vu. Natürlich ist das immer noch besser als Pullover in grellen Farben und mit zweifelhaften Logos verzierte Sweatshirts oder Hem-den. Aber wie kann man etwas Span-nung in einen schon fast asketisch wirkenden Kleiderstil bringen und ein klares und elegantes, aber doch etwas alltägliches Outfit aufpeppen? Indem man mit subtilen Details arbeitet, die für das ungeübte Auge praktisch unsicht-bar, für den Modekenner aber ein un-übersehbares Statement sind. Es lohnt sich, den Versuch zu wagen, denn plötz-lich kann man nicht mehr ohne.

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Ein FoulardEin Mann mit einem Foulard um den Hals sieht

fantastisch aus. Und mit Foulard ist nicht ein mehrfach um den Hals gewickelter Baum-

wollschal gemeint, sondern ein quadratisches Tuch oder ein kleiner Seidenschal von Hermès.

Foulards waren erst populär, dann chic und schliesslich trendy. Kurz und gut, sie haben

schon tausend Leben gelebt und werden im-mer wieder neu interpretiert. Diesen Frühling

(und auch für die nächste, die übernächste und wahrscheinlich die darauffolgende Saison)

darf es praktisch mit allem getragen werden: Auf die typisch englische Art mit einem T-Shirt oder einem Hemd wie bei Margaret Howell. Ein um den Hals geknöpftes Stück Seide (sie darf nicht glänzen!) oder hochwertiger Baumwolle

lässt sich mit jedem Outfit und zu jedem Anlass tragen. Ist das Foulard vielleicht sogar die neue Krawatte? Nein, denn eine Krawatte

ist zweckmässig. Ein Foulard ist eine Entschei-dung. Die Entscheidung, nicht aussehen zu

wollen wie jedermann.

SubtilitätEin Farbtupfer, der auffällt, ohne grell zu wirken. Auf dem Aufschlag eines Blazers oder als Futter einer dunklen Jacke. Eine orangefarbene Borte an einem blauen Po-loshirt. Babyblaue Socken. Ein Parkafutter in Camouflagemuster. Eine Farbschattie-rung, ein Knopf, ein Gürtel, Slipper anstelle von Sandalen. Es sind diese subtilen Details, die einem Outfit Pfiff und Charme verleihen. Männer, die verstehen, dass es für das perfekte Resultat das gewisse Et-was braucht, sind am interessantesten. Wie es scheint, nicht nur im Kleidungsstil.

KarosVerschiedene miteinander kombinierte Karo-muster können tatsächlich gut aussehen. Aber nur unter gewissen Umständen. Ein Beispiel, wie man es auf keinen Fall machen sollte? Wir erinnern uns noch allzu gut, als Bill Murray 2012 in Cannes einen Anzug und ein Hemd mit ver-schiedenen Karomustern trug. Für Avantgardis-ten und Modekenner war das zwar mutig, aber ausserhalb der Künstlerszene wohl kaum trag-bar. Wir sprechen hier von feinen, weissen Linien auf einem Kurzmantel oder einem marineblauen Blazer, wie zum Beispiel bei Dior Homme. Oder von einem Rautenmuster auf einem Pullunder oder auf einer Hose. Klingt etwas flippig, sieht aber umwerfend aus.

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

wie vor werden lokale Ressourcen be-vorzugt. Erst kürzlich hat Mover den ISPO Award erhalten, der von einer in-ternationalen Jury aus Fachleuten für die innovativsten Neuheiten der Sport-branche verliehen wird. Ausgezeichnet wurde der Cotton-Wool-Anorak, eine Übergangsjacke aus zwei praktisch vollständig biologisch abbaubaren La-gen. Für das Aussenmaterial aus 100% Baumwollgabardine hat der Zürcher Lieferant von Mover eine hochverdich-tet gewebte Baumwolle, die während des Zweiten Weltkriegs in England für die Piloten der Royal Air Force entwi-ckelt wurde, neu produziert. Auch das Haus Burberry verwendet diese Web-technik heute wieder. Die Aussen-nähte der Jacke sind vollständig ver-schweisst, das Futter besteht zu 100% aus Merinowolle, sodass sie nicht nur leicht und atmungsaktiv ist, sondern

Schweizer Sports-wear setzt auf faireTechnologien

Wie kann man im bereits gesättigten Sportswear-Sektor überhaupt noch Fuss fassen? Neue Schweizer Marken scheinen die Antwort gefunden zu haben und zielen auf den Luxusmarkt. Jorge S.B. Guerreiro

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Zwei Marken wollen sich von der Masse abheben, indem sie auf innovative Technologien setzen. Pa-radoxerweise ist dabei der

erste Schritt die Suche nach natürlichen Rohstoffen in herausragender Qualität. Da die Bekleidung nicht nur bei sport-lichen Aktivitäten tragbar sein soll, be-darf es aber auch eleganter Schnitte und schlichter Farben.

Die Marke Mover stammt ursprünglich aus Schweden und wurde auch von der königlichen Familie gerne getragen. Nach der Übernahme durch Nicolas Rochat fand sie in Lausanne eine neue Heimat und hat, dank neuer Forschungserkennt-nisse und technischer Entwicklungen, die Outdoor-Bekleidung revolutioniert. Der ethische Aspekt wurde dabei aber nie aus den Augen verloren, und nach

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100% Baumwolle Gabardine oder 100% Merino Wolle: noble Mate-rialien für extreme Bedingungen

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auch technische Eigenschaften garan-tiert, die nicht mit denen von Produk-ten aus synthetischen Materialien ver-gleichbar sind. Als Wärmeisolation hat Mover eine wattierte Zwischenschicht aus der Wolle von Alpakas entwickelt, die in den Schweizer Alpen gezüchtet werden. Das Know-how von Mover hat die Luxusmarke Ermenegildo Zegna derart überzeugt, dass sie sich für ihre Winterkollektion TechMerino beraten liess. Im Gegenzug haben die Schweizer Zugang zu den Kunden und den elegan-ten Schnitten der Schneider des italie-nischen Modehauses und können so den ästhetischen Aspekt ihrer Produkte verbessern. Die Jacken von Mover be-stechen nicht von ungefähr durch ihren sportlich-urbanen Schick.

______«Running couture» als neuer Modetrend? Darauf setzt die Marke Em-yun, die 2015 von Rodolphe Huynh und Salvatore Mandra gegründet wurde. Ins-piriert wurde Salvatore während einer Geschäftsreise im Ausland. Auf dem Weg vom hoteleigenen Fitnessraum in sein Zimmer fand er sich schwitzend und in einem unförmigen Training-soutfit neben vier Geschäftsleuten im

perfekt sitzenden Anzug im Lift wieder. Diese unangenehme Situation machte ihm bewusst, dass es den grossen Sport-marken an Eleganz mangelt. Daraufhin entschloss er sich, diese Lücke zusam-men mit seinem Geschäftspartner zu füllen.Ziel war die Produktion stilvoller Sportbekleidung, die nicht nur bequem und wärmeregulierend, sondern auch modisch ist. Auf der Suche nach einem Lieferanten für das von ihnen gewünschte Material stiessen die zwei Geschäftspartner schliesslich auf Superfine Merino CompAct3 des

Der Cotton Wool-Anorak

von Mover aus zwei vollständig

aubbaubaren, biologischen

Geweben

Die Superfine Merino C ompAct3

bietet

15%

30%

20%

mehr Widerstands-fähigkeit

zusätzliche Elastizität

mehr Geschmeidigkeit

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Ziel war die Produktion stilvoller Sportbekleidung, die nicht nur bequem und wärmeregulierend, sondern auch modisch ist.

Merinospezialisten Reda. Er deckt von der eigenen Schafzucht bis zum Atelier die gesamte Produktionskette ab. Das Geheimnis der in Italien hergestellten Merinowolle liegt in der innovativen Webtechnik, die auf der Rotation der Fäden beim Webvorgang basiert. Für die Ausarbeitung der Schnitte hat Emyun eine etablierte Stilistin angestellt und setzt auf bewährte Details wie verstärkte Schulterpartien für eine bessere Passform und Zwickel unter der Achsel für mehr Bewegungsfreiheit. Um ihren Vorsprung auf die Konkurrenz

nicht zu verlieren und die ungewöhn-liche Positionierung von Sportbeklei-dung im Luxussegment zu festigen, hat Emyun das Emyun Ideas Lab ins Leben gerufen. Dank dieses Systems können Kunden und Wiederverkäufer ihre Erfahrungen weitergeben. Zu star-kes Schwitzen nach einem 20-Kilome-ter-Lauf oder eine störende Naht an der Schulter: Diese und andere Reaktionen werden von Emyun im Hinblick auf die kontinuierliche Verbesserung der Pro-dukte gesammelt und ausgewertet. Ein neuer Dresscode ist geboren!

i Die Gründer der Marke Emyum, Rodolphe Huynh und Salvatore Mandra

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT

R E I S E N Im Herzen der Pampa

Das Geheimnis dieses Ortes liegt im ständigen und harmonischen Wechselspiel zwischen Natur und Zivilisation, unübertroffener Raffinesse und grandiosen Elementen, zwischen Ochsenblutrot und Himmelblau, zwischen energiegeladenen Pferden und einheimischer Kultur. Quentin Mouron

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me im Hauptgebäude, eine im Turm versteckte Bibliothek, elf Gästezimmer, die Pulperia, eine Art Schenke, mit dem grossen Kamin, massive Möbel. Mit an-deren Worten – hier lässt es sich sein, hier lässt es sich träumen. Ich schlie-sse Bekanntschaft mit meinen Gastge-bern Lucila und Guillermo. Mit Maria, die mehr tut als nur das Verwalterpaar zu unterstützen, mit Gaston, die Puber-tät knapp hinter sich, und seinem anste-ckenden, komplizenhaften Lachen. Und schliesslich mit Küchenchef Federico, der Fleisch, frisches Gemüse und Pa-tisserien zubereitet. Noch ein bisschen wackelig von der Reise, freue ich mich über ein Glas Weisswein, die fleischge-füllten Empenadas und über mein Reit-pferd. Der auf der Estancia arbeitende Gaucho begleitet mich in die Pampa. Die Müdigkeit ist schnell verflogen, die dreizehn Stunden, die ich in der flie-genden Blechkiste verbracht habe, sind schon fast vergessen. Unsere Pferde gehen Seite an Seite, und ich entdecke

Die Estancia und ihre elf Zim-mer und Suiten im Herzen der Pampa.

Das Grundstück umfasst auch zwei Polo-Felder und viel Gelände für Ausflüge zu Pferd.

Genf–Buenos Aires steht auf der Boarding Card der Air France. Ich den-ke unwillkürlich an Jor-ge Luis Borges, der lange

Zeit vor mir die gleiche Reise absolviert hat, nur eben in die andere Richtung. Das Argentinien des in Buenos Aires geborenen und in der Calvinstadt ge-storbenen berühmten Schriftstellers hat mit unseren Bildern des Landes wenig gemeinsam. Einsam gelegene Kapellen, in Dämmerlicht getauchte Krankenzim-mer, komplizierte Probleme, die das menschliche Bewusstsein herausfor-dern. Dennoch – im realsten, ländlichs-ten Argentinien ist seine Person immer wieder präsent, wie ein Leitmotiv. Und oft auch in Verbindung mit Genf.

______Vom Flughafen Buenos Aires führt die holprige Autobahn weg in eine monotone Landschaft. Diese und die unglaubliche Hitze entfalten eine mehr einschläfernde als belebende Wirkung. Würde diese Unendlichkeit nicht hie und da von Pferden unterbrochen, der Reisende wäre längst glücklich einge-schlummert. Aber, so denke ich, würde Reisen lediglich bedeuten, von einem angenehmen Zustand zum nächsten zu wechseln, ginge der Sinn verloren, und es wäre völlig überflüssig, sein komfor-tables Zuhause zu verlassen. Zwei Stun-den später ist der Staub omnipräsent, die grenzenlose Landschaft wirkt hart und fast feindlich, die Strasse ruppig. Mit einer gewissen Erleichterung lese ich auf dem Wegweiser, dass es nicht mehr weit ist bis zu «La Bamba de Are-co». 1830 erbaut, hat diese Estancia eine wechselvolle Geschichte. Seit 2010 könnte man das Landgut ohne Weiteres die Verkörperung des Paradieses Argen-tinien bezeichnen. Schon die Aussenan-lagen sind von unglaublicher Schönheit. Eine imposante Platanenallee, minutiös unterhaltene Pferdestallungen, Polofeld, ochsenblutrot gestrichene Gebäude im Kolonialstil. Alles atmet Grösse und Weite, nicht die der tristen Autobahnen, sondern diejenige, die Gänsehaut verur-sacht. Selbstverständlich entsprechen auch die Räumlichkeiten ganz diesem Standing. Luxuriöse Aufenthaltsräu-

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Das Argentinien der Pampabezieht seine Kraft aus der Wuchtdieser spektakulären Eintönigkeit

die atemberaubende Umgebung. Wir fallen in leichten Trab, überqueren ein Bächlein, um uns herum nichts als Gras, über uns der blaue Himmel. Der Horizont erinnert an die Monochrome, die trotz ihrer Monotonie die Sensibi-lität viel stärker ansprechen, als jeder Renaissancemaler, Expressionist oder zornige Vertreter des Fauvismus es tun könnte. Argentinien, ich meine das Argentinien der Pampa, bezieht seine Kraft aus der Wucht dieser spektaku-lären Eintönigkeit. Beim Überqueren ei-nes Gatters wechseln wir ein paar Worte, dann herrscht wieder Schweigen. Wie

wäre es jetzt mit einem Galopp? Mein Begleiter und Führer hat recht, wenn er in mir die Anfängerin erkennt. Er sorgt sich um sein Pferd – und zweifellos auch um mich. Langsam geht die Sonne unter, der Himmel färbt sich glühend rot, die Schatten werden scharf und lang. Sie

sorgen für eine neue, träumerische, in-tensivere Dimension. Wir passieren das grosse Portal der Estancia, in der Ferne winken Maria, Gaston und Federico. Aus dem Steinofen steigen Rauchschwaden. Das zweite Willkommensglas Wein wird serviert. Das Geheimnis dieses Ortes

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liegt im ständigen und harmonischen Wechselspiel zwischen Natur und Zi-vilisation, unübertroffener Raffinesse und grandiosen Elementen, zwischen Ochsenblutrot und Himmelblau, zwi-schen energiegeladenen Pferden und einheimischer Kultur. ______Am Tag danach werde ich ins Zentrum der argentinischen Kultur ka-tapultiert. Im Städtchen San Antonio de Areco findet die Fiesta de la Tradi-cion statt, ein jährlich durchgeführter Event, an dem Tausende Gauchos teil-nehmen. Ein Sonntag im Zeichen des Feierns, des Jubels und des nationalen Stolzes. Man erinnert sich an einen Text, den der französische Romancier Mau-rice Barrès über Toledo geschrieben hat: «Weniger eine mit Lärm und den Bequemlichkeiten des Alltags gefüllte Stadt, sondern vielmehr ein bedeutsa-mer Ort für die Seele.» Alles hat seinen Sinn. Strenge Rituale, üppige Festkostü-

me, prachtvoll gekleidete Frauen, Män-ner mit Silbermesser im Gürtel, ängst-lich lächelnde Kinder auf ihren Pferden. Hände werden geschüttelt, ohne vom Pferd abzusteigen. Ich sitze auf einer Terrasse gleich neben dem Laden des Messerschmieds Gustavo Stagnaro, ei-nes der berühmtesten der Stadt, und beobachte den Umzug. Ich bin in Gesell-schaft von Einheimischen, auch einige wenige Engländer und Deutsche sind da-bei. Das verschlafene Städtchen, das we-nig erfolgreich gegen den Staub und das Vergessen ankämpft, ist heute voller Le-ben, unglaublich lärmig, pulsierend. Auf dem grossen Platz, in der Kirche, in den Boutiquen und den Cafés herrscht ein unablässiges Kommen und Gehen. Zwei Tage später, spätabends in Buenos Aires, werde ich dieses gleiche elektrische Am-biente erleben. Heute aber sind es etwa 3000 Caballeros und Señoritas, die vor-beiziehen, Pferdehufe, die auf den Pflas-tersteinen einen ohrenbetäubenden Lärm verursachen, der fast die Mauern zum Zittern bringt. Man paradiert und promeniert, man misst sich in Reit- und Rodeowettbewerben, gönnt sich ab und zu auf einer Terrasse eine Pause, geniesst gegrilltes Fleisch, teilt sich ein Bier. Den Mund voller Staub, den Kopf gefüllt mit dem Lärm, den Freudenschreien, dem Applaus, dem von Lautsprechern ver-stärkten Gebrüll, kehre ich die ruhige Bamba zurück. Wieder geht die Sonne unter, der Himmel färbt sich rot, die Schat-ten legen sich auf die roten Gebäude. Jas-minduft, Vogelgesang. Dies alles wäre Kitsch in Reinformat, wären da nicht die unglaubliche Weite und Grösse, die Anla-

Neubeginn ArgentinienAm 22. November vergangenen Jahres haben sich die Argentinier vom Kirchnerismus verabschiedet und statt Daniel Scioli den Kon-servativen Mauricio Macri gewählt. Aber die Bevölkerung schwankt zwischen Hoffnung und Angst. Sie sind hoffnungsvoll, denn Macri steht für das Neue, für Dynamik, Unternehmertum, den Ausweg aus der Sackgasse der Ära Kirchner. Sie sind aber auch beunruhigt, denn der frühere Stadtpräsident von Buenos Aires hinterlässt einen Nachgeschmack von Opportunismus und sozialer Ungerechtigkeit. Oder wie es ein Taxichauffeur auf den Punkt brachte: «Ich mag weder den einen noch den andern… Aber ich ziehe Macri vor, denn er wird die Dinge bewegen.» Hoffentlich in die gute Richtung.

ADRESSEN IN SAN ANTONIO DE ARECO

La Bamba de Areco2760 San Antonio de Areco,+54 2326 45-6293www.labambadeareco.com

Gustavo Stagnaro, SilberschmiedGustavo Stagnaro beliefert Gauchos und Touristen mit traditionellem Silberschmuck und Messern. Auf Wunsch kreiert er auch gerne persönliche, weniger konventionelle Stücke. Matheu y Arellano, San Antonio de Areco

Zarza, RestaurantEin altes Gebäude, dicke, rote Backstein-mauern, eine einfache, gepflegte Küche. Das ideale Lokal, um kulinarische Bekannt-schaft mit San Antonio zu schliessen. San Martin 361, San Antonio de Areco

Ricardo Güiraldes, MuseumDas Museum Güiraldes trägt den Namen des berühmten Schriftstellers und Bürgers von San Antonio. Eine veritable Goldmine, um Einblick in das traditionelle Leben der Gauchos und die Geschichte der Estancias zu erhalten.Ricardo Güiraldes, San Antonio de Areco

ADRESSEN IN BUENOS AIRES

El Million, Bar und RestaurantDie langgestreckte Marmor-Bar ist bekannt für ausgezeichnete Cocktails. Ein Patio im Sommer, das Restaurant im Erdgeschoss. Parana 1048, Buenos Aires

La Brigada, Restaurant Hervorragende Parilla, berühmt für das zarte Fleisch und das elegante Ambiente. Estados Unidos 465, Buenos Aires

Four Seasons, HotelIm Herzen von Buenos Aires, mit einzig-artigem Service. In der Bar «Pony Line» stehen die besten argentinischen Weine im Rampenlicht, zu denen man köstliche Empanadas geniesst.1086/88 Posadas, Buenos Aires

ge, wo das Poloteam trainiert, das diskrete Kommen und Gehen von Maria, Veroni-ca, Gaston. Später werde ich die Haupt-stadt, die Stadt von Borgès, entdecken, wo das Leben an jeder Strassenecke explo-diert, wo der faszinierende Spektakel den Besucher geradezu umwirft. Diese einzig-artige Metropole Lateinamerikas wirkt wie ein Fieber- oder Ekstaseschub. Aber noch bin ich hier, geniesse dankbar die Stille und mache zwischen zwei Eichen ein erholsames Nickerchen.

s La Pulperia war im XVIII. Jahrhun-dert ein Pferdestall

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Zirkuskünstein der Sonne

Neue Partnerschaft zwischen dem Club Med und dem Cirque du Soleil: In Punta Cana können sich die Gäste in den akrobatischen Disziplinen des weltweit führenden Entertainment-Unternehmens aus Montréal versuchen. Serge Guertchakoff

weltweit führenden Entertainment-An-bieter und dem Pionier der All-Inclusi-ve-Ferien entstanden ist. Yasmine Kha-lil: «Es handelt sich um ein Pilotprojekt. Wir wollen das Konzept testen und es dann anhand der Erkenntnisse und der Rückmeldungen optimieren. Wir planen, es auch anderen Orten umzu-setzen und den jeweiligen Rahmenbe-dingungen anzupassen.»«Es war uns ein echtes Bedürfnis, das fliegende Trapez neu zu erfinden», sagt Sabrina Cendral, Leiterin Marketing and Digital North America im Club Med. «Das Ganze ist aus einer Intuition heraus ent-standen. Der Cirque du Soleil und der Club Med haben viele Gemeinsamkei-ten: Beide sind kreativ, künstlerisch tätig,

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kulturell vielseitig und auf der ganzen Welt vertreten. Alle unsere Gentils Cir-cassiens träumen davon, später im Cir-que du Soleil zu arbeiten.» Die involvier-ten Mitarbeiter wurden am Hauptsitz des Cirque du Soleil in Montréal ausgebildet.

______«Für Creative haben wir enorm viel Zeit mit der Ausarbeitung von Trai-ningsprogrammen für unsere Feriengäs-te verbracht. Wir wollen keine Profis aus ihnen machen, sondern dafür sorgen, dass sie eine unvergessliche Erfahrung machen.» Der Zirkusbereich ist in fünf Zonen gegliedert: ein Acroplex für Ver-tikaltuch, Reifen, Wandtanz, Bungeeak-robatik, eine Piste für das Einradfahren, das Stelzenlaufen und für Rhönräder, ein Zelt für Devilsticks, Diabolo und Jonglieren, ein Atelier für Trampolin, Percussion, Theater und Clownschu-le und schliesslich ein grosses Trapez. Wenn da keine neuen Zirkustalente ent-deckt werden! Der Plan scheint jeden-falls aufzugehen. «Die Zahlen sind ein-deutig: Unsere G.M. führen immer mehr Gäste in die Zirkuskünste ein, und die Nachfrage steigt stark», bestätigt Sabri-na Cendral. Yasmine Khalil weist zudem darauf hin, dass zu Demozwecken je-weils am Samstagabend eine rund vier-zigminütige Show stattfindet. «Sie ist eine Art Inszenierung von allem, was bei Creative möglich ist, und wird von Musik des Cirque du Soleil untermalt. Wir bieten hier etwas, was es sonst nir-gends gibt», so die Marketingchefin.

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Die echten Fans möchten mit unseren Künstlern auf Tuchfühlung gehen. Bisher war das nicht mög-lich. Jetzt erhalten sie die

Möglichkeit, das, was sie in den Auffüh-rungen des Cirque du Soleil gesehen ha-ben, selbst zu erleben, ohne mehr dafür zu bezahlen», erklärt Yasmine Khalil be-geistert. Sie ist Präsidentin von 45 De-grees, der früheren Event-Abteilung des Cirque du Soleil. Im Juni 2015 hat der Club Med in Punta Cana den für die Zirkusaktivitäten vorgesehenen Bereich umgebaut. Seither prangt dort das far-benfrohe Logo Creative. Inzwischen ist Creative eine eingetragene Marke, die aus der Partnerschaft zwischen dem

Kopfüber ins Abenteuer: Im Club Med von Punta Cana kann man Cirque du Soleil spielen.

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EIN BUCH

Beautiful People von Alicia DrakeDie Journalistin Alicia Drake legt mit diesem Buch ein sorgfältig und minutiös recherchiertes Zeugnis über Yves Saint Laurent und Karl Lagerfeld ab. Sie schildert die beiden Modepäpste in vielen Anekdoten und bestimmt etwas ausgeschmückten Fakten. Im Vordergrund steht jedoch nicht die Fashion-Welt, sondernd die Verwegenheit und die Irrungen und Wirrungen einer Epoche. Das Buch ist kein Roman, liest sich aber wie einer.

EIN ORT

Das Val d’AnniviersAuf keinen Fall ein Palasthotel

oder ein Ort, an dem es um «sehen und gesehen werden» geht. Nichts Überkandideltes.

Ein Ort ohne Bombast, an dem man einfach nur sein kann. Ein

einfaches Hotel zum Beispiel, eine Wohnung oder ein Chalet mit der genau richtigen Dosis

Komfort. Das schliesst natürliche Eleganz jedoch nicht aus. Eine

Adresse? Alpes et Caetera in Vercorin, acht «Mazots» mit

authentischem Walliser Charme. Perfekt, um eine Auszeit zu

nehmen. www.alpesetc.ch

EIN OBJEKT

Geschirr Astier de VillatteIrgendwie wirkt das Pariser Haus anachronistisch, wie aus einem anderen Jahrhundert. In Wahrheit ist es erst zwanzig Jahre jung. Seine Gründer Ivan Pericoli und Benoît Astier de Villatte sind keine ausgefuchsten Marketingprofis, sondern geistreiche Visionäre. Ihre winzige Boutique an der Rue Saint-Honoré gleicht einem entstaubten Sammelsurium aus alten französischen Zeiten. Die ideale Höhle zum Stöbern mit dem typischen Hauch Pariser Flair, passend zum Duft des Briten.

EIN FILM

Shame von Steve McQueenHätte Chypre 21 eine Farbe, wäre

sie Blau-Grau und von hypnotisie-render Schönheit, wie ein Grossteil

dieses ergreifenden Films. Regisseur Steve McQueen ist ein bildender Künstler der Moderne. Sein Lieblingsdarsteller Michael

Fassbender verkörpert den Mann, der seinen quälenden Schmerz

so gut wie möglich zu verbergen sucht, so überzeugend, als wäre

es seine eigene Geschichte. Man leidet förmlich mit dem sexsüch-

tigen Brandon. Der Film könnte angesichts des Themas anrüchig

und lüstern sein. Aber er ist an-spruchsvoll und überwältigend.

Diskret,schick und geistreich

Sarah Jollien-Fardel

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James Heeley bleibt sich treu. Seine jüngste Schöp-fung erweist sich als wie gewohnt schick, elegant, unisex und unkonventionell. Sich auf die Düf-te des Engländers einzulassen, bedeutet, sich in eine Welt abseits der kommerziellen Parfümerie

vorzuwagen. Seine Kreationen sind wie er selbst: zart und geist-reich. James Heeley ist ein Quereinsteiger in der Parfümerie, die er meisterhaft beherrscht und auch respektiert. Er hat in London Philosophie und Ästhetik studiert. Wahrscheinlich sind deshalb jede Note und jeder Inhaltsstoff genauestens abgewogen, bestens durchdacht und wunderbar subtil. Man muss sich die Zeit nehmen, die Aromen auf sich wirken zu las-sen, denn sie überfallen einen nicht, sondern verbinden sich in einer be- und verstörenden Intimität mit der Haut. Auch Chypre 21 (21 für das 21. Jahrhundert) gibt seinen Charakter nicht auf Anhieb preis, sondern entfaltet je nach Träger ein anderes Duftbild. A

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Weil die Haut mit der Zeit immer weniger Feuchtigkeit spei-chern kann, liegt es im Trend, unterstüt-

zend Wasser zu trinken. Ob Mann oder Frau, unsere urbane Lebensweise lässt uns nur wenig Zeit, uns um die natür-lichen Bedürfnisse der Haut zu küm-mern. Ernährung, Sauerstoff, Wasser und Ruhe kommen oft zu kurz. Wie kön-nen wir sie mit einem Frischekick ver-sorgen? Indem wir morgens und abends zu einem Tiegel greifen. Hier präsentie-ren wir Ihnen vier innovative Lösungen.

Die innovative Kosmetikmarke aus Japan ist jetzt auch

in der Schweiz erhältlich. Die Hyalogy-Linie enthält

eine niedrigmolekulare Hyaluronsäure, die tiefer in die Haut eindringen kann.

Der Peptidkomplex Hyalogy B vermindert die Spannung

der Gesichtsmuskeln und stärkt die Kollagenfasern.

Das Resultat nach 57 Tagen Anwendung (ein paar Tropfen

genügen) ist ein bis um 96% erhöhter Feuchtigkeitsgehalt.

Zusätzlich werden die Mimikfalten um 40% geglättet.

Hyalogy B, 30 g, 200 Fr., exklusiv bei Bon Génie Grieder.

Die Schweizer Marke wurde vor zwanzig Jahren vom Unternehmer Didier Guillon gekauft. Sie verwendete als Erste das patentierte Dreifach-DNS-System. Dieser Inhaltsstoff speichert das bis zu 10’000-Fache seines Gewichts an Feuchtigkeit. 2016 legt Valmont ihre Feuchtigkeitsprodukte neu auf und ergänzt die Palette mit der Moisturizing Serumulsion, einem Kombiprodukt aus Serum und Fluid für Frauen und Männer. Es kann allein verwendet werden, spendet der Haut Feuchtigkeit und sorgt für ein angenehmes Hautgefühl. Moisturizing Serumulsion, 30 ml, 153 Fr.

Die renommierte japanische Kosmetikgruppe will 2016 auf globalen Expansionskurs gehen. Mit dem Hydro Master Gel lanciert sie speziell für Männer ein feuchtigkeitsspendendes Produkt. In Kombination mit dem exklusiven Damage Defense Complex von Shiseido Men verhilft die neue Hydro-Master-Technologie der Haut dazu, ihre Feuchtigkeit zu regulieren. Dieses nicht fettende Gel mit aromatischen Essenzen hält die Poren frei und versorgt die Haut mit Feuchtigkeit.

Schädliche Umwelteinflüsse (UV-Strahlen, Luftverschmutzung, Zigarettenrauch), Stress, und Müdigkeit begünstigen entzündliche Reaktionen, die den Hauterneuerungsprozess beeinträchtigen. Als Gegenmittel hat Lancôme ein kaltes Rosenextrakt entwickelt, das intensiv regenerierend wirkt und die Zeichen von Hautalterung mildert. Es kommt erstmals in der Absolue Precious Cells Crème Soyeuse zu Anwendung und entfaltet seine Wirkung in einer feinen, seidig weichen Textur für ein sofortiges Wohlgefühl. Absolue Precious Cells Crème Soyeuse, 50 ml, 273 Fr.

FORLLE’D

VALMONT

SHISEIDO

LANCÔME

Durstige Haut

Wenn die Haut Stress ausgesetzt ist, reagiert sie empfindlich. Trockenheit, Talg oder Mitesser können die Folge sein und den Teint verunreinigen. 2016 besinnen wir uns auf das Wesentliche: Wir versorgen die Haut mit Feuchtigkeit. Cristina d’Agostino

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D I E F R A U E N Z E I T S C H R I F T D E R S C H W E I Z . A M K I O S K . I M A B O N N E M E N T U N D O N L I N E : A N N A B E L L E . C HD I E F R A U E N Z E I T S C H R I F T D E R S C H W E I Z . A M K I O S K . I M A B O N N E M E N T U N D O N L I N E : A N N A B E L L E . C HD I E F R A U E N Z E I T S C H R I F T D E R S C H W E I Z . A M K I O S K . I M A B O N N E M E N T U N D O N L I N E : A N N A B E L L E . C HD I E F R A U E N Z E I T S C H R I F T D E R S C H W E I Z . A M K I O S K . I M A B O N N E M E N T U N D O N L I N E : A N N A B E L L E . C H

lucie & michèleLUCIE MÖCHTE EIN BUCH SCHREIBENUND MICHÈLE IM NÄCHSTEN LEBENEIN MANN SEIN.LESEN ANNABELLE.

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 87

Christine Nagel, erdverbunden, sensibel, kartesianisch ausgebildet, vifer Geist, die Nase im Wind. Eine spannende Persönlichkeit, der Hermès und Jean-Claude Ellena die Düfte unbesorgt anvertrauen können.

Die neue Nasevon Hermès

Die Italo-Schweizerin Christine Nagel tritt die Nachfolge des Meisterparfümeurs Jean-Claude Ellena an. Bei Parfums Hermès tut sich damit ein neues Kapitel auf. Sarah Jollien-Fardel

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Hermès Eau de Rhubarbe Ecarlate von Christine Nagel

Luxushandwerk, grenzen-lose Virtuosität. Hermès produziert zwar schon seit 1951 Parfum, beschäf-tigt aber erst seit 2004 ei-

nen eigenen Parfümeur. Jean-Claude Ellena, Schöpfer der Hermès-Düfte, hat-te die Challenge nur unter bestimmten Bedingungen akzeptiert, nämlich keine Konsumententests, keine Briefings. Mit anderen Worten: Die Kreation eines Duf-tes kommt vor dem Marketing, Savoir-fai-re vor kommerziellen Vorgaben. Ein Lu-xus. Jetzt, zwölf Jahre später übergibt der Meister das Zepter an Christine Nagel.Über den Dächern von Paris, zwei Schritte vom Palais Royal entfernt, lädt sie zum Ge-spräch. Die neue Nase von Hermès ist un-kompliziert, italienisch-herzlich, schwei-zerisch-direkt (die Mutter ist Italienerin, der Vater Schweizer). Ebenfalls anwesend Jean-Claude Ellena, der mit seinem un-nachahmlichen Lachen Fröhlichkeit ver-breitet. Präsent, aber nicht dominierend, wird er dem Haus als Berater erhalten bleiben. Er stellt uns seinen letzten Duft vor, den er, wie er augenzwinkernd sagt, für sich selbst gemacht hat. Christine Na-gel präsentiert ihr erstes Hermès-Cologne, Eau de Rhubarbe Ecarlate. Die Genferin ist eine starke Persönlichkeit, die die Einfach-heit liebt. Wie die des Rhabarbers, den sie als anregend empfindet. «Man findet ihn in allen Gärten der Welt, jedermann mag ihn. Ich mag, wie er sich ständig er-neuert, immer wieder nachwächst.» Wie fühlt man sich, wenn man Nachfolgerin eines kompromisslosen Puristen wird? «Ein riesiges Geschenk, denn Hermès ist eine Schule», so die Parfümeuse. «Eine Schule mit einmaligen Handwerksberu-fen, einem einzigartigen Know-how. Das Haus beschäftigt sogar einen „Kosmetiker“ für Taschen.» Sie ist sich bewusst, dass sie ein kostbares Erbe antritt, da ihrer Arbeit keine Grenzen gesetzt sind. «Mein Auftrag lautet kurz und bündig: Wagen Sie etwas!»Ihre solide Ausbildung befähigt sie, Wün-sche und Ambitionen auszuleben und in aller Freiheit schöpferisch zu sein. Nach dem wissenschaftlichen Studium war sie neun Jahre für Firmenich und elf Jahre für Créations Aromatiques ak-tiv. 1998 verliess sie die Schweiz, um in Paris bei Quest zu arbeiten. Hier kreier-te sie für kleine Kreise bestimmte Düfte, aber auch Publikumsrenner – Eau von Cartier, Si von Giorgio Armani, For Her von Narcisso Rodriguez. Un certain été à Livadia von Baccarat wurde 1999 als bester Duft ausgezeichnet.B

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lucie & michèleLUCIE MÖCHTE EIN BUCH SCHREIBENUND MICHÈLE IM NÄCHSTEN LEBENEIN MANN SEIN.LESEN ANNABELLE.

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über Wiesen und Felder kurvten. Heute lenkt man vom Hochsitz aus das Auto mit Allradantrieb durch die Stadt oder zum Wintersportort; Grösse, Preis und Markenlogo zeigen an, welchen sozia-len Status der Lenker geniesst. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Autohersteller, die auf diesem Terrain noch inaktiv waren, sich ein Stück vom lukrativen Kuchen abschneiden woll-ten. Schlag auf Schlag präsentieren jetzt drei Marken, die bisher in dieser Kate-gorie nicht von sich reden gemacht hat-ten, ihre allradangetriebenen Meister-werke: Jaguar, Maserati und Bentley.Beginnen wir mit dem «erschwing-lichsten» Modell der drei Newcomer,

16 ist das Ergebnis von 4x4. Und die einzige Multiplikation, die dieses Jahr die Autokonstrukteure interessiert. Jorge S.B. Guerreiro

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Die Zahl der angebotenen SUV (Sport Utility Vehi-cles) wird sich 2016 ver-vielfachen, und zwar auch im hochpreisigen

Segment. Bis in die Neunzigerjahre lagen die Dinge ziemlich einfach. Im 4×4-Luxusbereich war der Range-Ro-ver König, später stiessen Mercedes, BMW, Audi usw. dazu. Das Publikum war begeistert, für einige Marken bedeu-tete dies eine Renaissance. So konnte Porsche dank dem Cayenne die Pro-duktion verdoppeln. Gleichzeitig verän-derte sich das Image dieser Kategorie total. Es waren nun nicht mehr Gross-grundbesitzer, die im Geländewagen

Allräder derLuxusklasse

12

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900

301

4,1

Zylinder im W12 Motor

Pferdestärken

Nm Beschleunigung

Km/h auf dem Zähler

Sekunden von 0 auf 100

Der Bentayga von Bentley: sportliche

Eigenschaften trotz seiner XXL

Grösse

über Wiesen und Felder kurvten. Heute lenkt man vom Hochsitz aus das Auto mit Allradantrieb durch die Stadt oder zum Wintersportort; Grösse, Preis und Markenlogo zeigen an, welchen sozia-

nur eine Frage der Zeit, bis Autohersteller, die auf diesem Terrain noch inaktiv waren, sich ein Stück vom lukrativen Kuchen abschneiden woll-ten. Schlag auf Schlag präsentieren jetzt drei Marken, die bisher in dieser Kate-gorie nicht von sich reden gemacht hat-ten, ihre allradangetriebenen Meister-werke: Jaguar, Maserati und Bentley.

dem «erschwing-lichsten» Modell der drei Newcomer,

900

301

4,1

Pferdestärken

Nm Beschleunigung

Km/h auf dem Zähler

Sekunden von 0 auf 100

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 89LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 89

Die 12 Zoll-Leichtmetall-Felgen des Jaguar F-Pace sind ein stilvoller Hingucker.

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LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT90

dem Jaguar F-Pace. Das Einstiegsmo-dell verfügt über einen 180 PS starken Zweiliter-Dieselmotor und wird zu ei-nem aggressiv günstigen Basispreis von unter 50‘000 Fr. angeboten. Das Top-modell gibt es mit Dreiliter-Benzinmo-tor mit 380 PS, und es ist mit seinen 12-Zoll-Leichtmetallfelgen ein wahrer Hingucker. Auch beim Interieur rich-tet Jaguar mit der grossen Kelle an: Ein 12,4-Zoll-Instrumentendisplay ersetzt die herkömmlichen Anzeigen auf dem Armaturenbrett, auf der Mittelkonsole thront ein 10,2-Zoll-Touchscreen. Der Ja-guar F-Pace kann seine Abstammung nicht verleugnen, denn die Front über-nimmt das mittlerweile bekannte De-sign der Limousine, während die Heck-leuchten denen des wunderschönen Coupé F-Type nachempfunden sind. Man spürt, dass Jaguar keine Risiken eingehen wollte und einen Look wähl-te, der Stammkunden nicht vertreibt. Man hofft auf ein beträchtliches Ver-

kaufsvolumen. Dabei ist das Zielpublikum klar definiert, Jaguar nennt denn auch als direkten Konkurren-ten den Porsche Macan. Der grosse Chef Sergio Marchionne war katego-risch: einen Ferrari-Geländewa-gen gibt es nicht. Also war es an Ma-serati, die Interessen der Fiat-Gruppe in diesem Segment zu verteidigen. So geschehen am Genfer Autosalon mit der Präsentation des Levante. Damit hat das Haus mit dem Dreizack end-lich ein Projekt zum Abschluss ge-bracht, das 2011 mit dem Prototyp Ku-bang begonnen hatte, wobei sich das Design des Neuen etwas unterschei-det. Ausser dem Einstiegsmodell, ei-nem Dreiliter-Turbodiesel, gibt es einen von Ferrari entwickelten Dreili-ter-Twinturbo-Benziner mit 430 PS. Im Basispreis von 85‘000 Fr. ist eine sehr

Das Interieur des Jaguar F-Pace

kaufsvolumen. Dabei ist das Zielpublikum klar definiert, Jaguar nennt denn auch als direkten Konkurren-ten den Porsche Macan. Der grosse Chef Sergio Marchionne war katego-risch: einen Ferrari-Geländewa-gen gibt es nicht. Also war es an Ma-serati, die Interessen der Fiat-Gruppe in diesem Segment zu verteidigen. So geschehen am Genfer Autosalon mit der Präsentation des Levante. Damit hat das Haus mit dem Dreizack end-lich ein Projekt zum Abschluss ge-bracht, das 2011 mit dem Prototyp Ku-

Das Interieurdes Jaguar F-Pace

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sionen von 292g. Die Innenausstattung ist selbstverständlich Bentley-like aris-tokratisch: kostbares Holz, handges-tepptes, gepolstertes Leder, Chrom, dicke Teppiche, Bildschirme auch für die Passagiere im Fond, Internetverbin-dung, individuelle, heizbare, belüftete Massagesitze und als Option ein exklu-sives Picknick-Set mit Champagner-Kristallgläsern, Silbergeschirr, kleinem Kühlschrank und einem gepolstertes Sitzbänkchen. Damit man auf dem Weg nach St. Moritz unbesorgt einen Etap-penhalt einschalten kann.Zurzeit ist dieses Gefährt von Ben-tley absolut ohne Konkurrenz. Wenn auch nicht für lange Zeit, denn schon hat Lamborghini die Lancierung eines SUV angekündigt (mit dem monströsen LM002 ist die Marke mit dem Stier in den Achtzigerjahren unvergesslich ge-blieben). Und die Gerüchte verdichten sich, dass auch Rolls-Royce den Einzug in die 4×4-Klasse plant.

ansprechende Grundausstattung ent-halten. Wer es noch exklusiver mag, wird im umfangreichen Individuali-sierungsprogramm fündig. Wie Jagu-ar hat auch Maserati einen klaren Kon-kurrenten im Visier, in diesem Fall den Porsche Cayenne.

______In jeder Beziehung nach oben strebt der Bentley Bentaiga. Der 2015 präsentierte Luxusgeländewagen po-sitioniert sich klar hoch über seiner Konkurrenz und nimmt für sich den Titel des schnellsten SUV der Welt in Anspruch. Schnell ist er in der Tat. Der W12-Motor mit Zwölfzylinderkraft und Twinturbos produziert 608 PS und 900 Nm. Das Kraftpaket mit Achtstufenau-tomatik ist in 4,1 Sekunden von null auf hundert und erreicht eine Spit-zengeschwindigkeit von 301 km/h. Entsprechend natürlich auch der Ben-zinverbrauch von 12,8 l auf 100 km (fal-ls man vernünftig fährt) bei CO2-Emis-

sionen von 292g. Die Innenausstattung ist selbstverständlich Bentley-like aris-tokratisch: kostbares Holz, handges-tepptes, gepolstertes Leder, Chrom, dicke Teppiche, Bildschirme auch für die Passagiere im Fond, Internetverbin-dung, individuelle, heizbare, belüftete Massagesitze und als Option ein exklu-sives Picknick-Set mit Champagner-Kristallgläsern, Silbergeschirr, kleinem Kühlschrank und einem gepolstertes Sitzbänkchen. Damit man auf dem Weg nach St. Moritz unbesorgt einen Etap-penhalt einschalten kann.Zurzeit ist dieses Gefährt von Ben-tley absolut ohne Konkurrenz. Wenn auch nicht für lange Zeit, denn schon

ansprechende Grundausstattung ent-halten. Wer es noch exklusiver mag, wird im umfangreichen Individuali-sierungsprogramm fündig. Wie Jagu-ar hat auch Maserati einen klaren Kon-kurrenten im Visier, in diesem Fall den Porsche Cayenne.

______In jeder Beziehung nach oben strebt der Bentley Bentaiga. Der 2015 präsentierte Luxusgeländewagen po-sitioniert sich klar hoch über seiner Konkurrenz und nimmt für sich den Titel des schnellsten SUV der Welt in Anspruch. Schnell ist er in der Tat. Der W12-Motor mit Zwölfzylinderkraft und Twinturbos produziert 608 PS und 900

Der Maserati Levante: Italienische Eleganz, aufgepeppt mit angrif-figem Design dank veredelten Scheinwer-fern und drei seitlichen Belüftungskiemen.

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Digital Jorge S.B. Guerreiro

Neue Louis VuittonCity Guide APP Seit ihrer Lancierung im Jahr 1998 erfreuen sich die Louis Vuitton City Guides mit ihren stilvollen und originellen Adres-sen grosser Beliebtheit. Einige dieser Reisebegleiter gibt es seit einiger Zeit dank einer speziellen Smartphone-App auch in digita-ler Form. Mit der neuen Version der App kann nun mit der Um-gebung interagiert werden. Es besteht zudem die Möglichkeit, personalisierte Reiseführer zu erstellen. Die Kollektion umfasst bereits 25 Städte, darunter Paris, London, New York, Venedig, Bangkok und Rom. Die App gibt es in Englisch und Französisch. www.louisvuitton.com

Ulo, die kauzige ÜberwachungskameraUlo ist eine vom französischen Designer Vivien Muller konzipierte Über-wachungskamera, die aussieht wie eine kleine Eule. Dank WLAN kann man

über Blicke und Berührungen fast wie mit einem Haustier kommunizieren. Ulo schaltet die Heizung und das Licht ein, wenn sie Bewegung im Raum

erkennt, und stellt während Ihrer Abwesenheit den Alarm ein. Bei verdächtigen Bewe-gungen im Haus schickt Ulo Ihnen über Dropbox ein Video auf Ihr Smartphone. Wird Ulo ausgeschaltet, schliesst sie ihre Augen. Ein komischer, aber nützlicher Kauz!www.mu-design.lu

Kamera Nikon KeyMission 360Streng genommen verlassen wir

die digitale Welt, denn hier handelt es sich um eine Kamera. Mit der Nikon

KeyMisson 340 lassen sich aber ausser-gewöhnliche Inhalte für Smartphones und Applikationen erstellen. Die Actionkamera zeichnet 360-Grad-Bilder und Videos in 4k-Auflösung mit zwei Objektiven auf. Sie ist zudem auch ohne Schutzgehäuse bis zu einer Tiefe von 30 m wasserdicht und übersteht Stürze aus bis zu 2 m Höhe und Temperaturen bis zu -10 °C. Die KeyMissi-on 360 ist mit WLAN, NFC und Bluetooth ausgerüstet. Tauchen Sie ein in intensive Videoerlebnisse und virtuelle Realitäten! www.nikon.ch

Virtuelle Umkleidekabinevon Ralph Lauren

In seiner New Yorker Boutique an der Fifth Avenue hat Ralph Lauren fünf virtuelle Umklei-

dekabinen eingerichtet. Die vom Start-up Oak Labs entworfenen Oak Fitting Rooms sollen die Kabinen

der Zukunft werden. Sie sind mit interaktiven Spiegeln ausgestattet, in denen sich der Kunde zwar

immer auch noch betrachten kann, die es ihm aber mithilfe eines Touchscreens auch erlauben, den Ver-

käufer um Hilfe zu bitten oder nach dem gleichen Kleidungsstück in einer anderen Grösse zu verlan-gen. Ausserdem werden dem Kunden automatisch

verschiedene passende Teile vorgeschlagen. Klarer Vorteil: Man muss sich nicht mehr in die unange-

nehme Situation begeben und in Socken die Kabine verlassen, um im Laden das gleiche Kleidungsstück

in anderer Grösse oder Farbe zu suchen. Auch die restlichen Boutiquen von Ralph Lauren sollen

allmählich mit den interaktiven Kabinen ausgestattet werden. www.ralphlauren.com

Vivino, der Wein-ScannerVivino versteht sich als Shazam für Weine. Fotografieren Sie mit Ihrem

Smartphone die Etikette der Weinfla-sche, und Vivino findet heraus, um welchen Wein es sich handelt. Mit der intuitiven App können Sie Ihre

Neuentdeckungen auflisten, klassi-fizieren, festhalten, wo Sie den Wein

gesehen oder degustiert haben (Bar, Restaurant, Supermarkt …) und sogar

herausfinden, wo er erhältlich ist. Falls die Etikette nicht erkannt wird, sucht

ein Team rund um die Uhr manuell nach dem Wein und findet ihn normalerweise in weniger als fünf Minuten. Es gibt also keinen Grund mehr, sich darüber zu är-

gern, dass man sich während der letzten Ferien den Namen des edlen Safts nicht

notiert hat. www.vivino.com

gungen im Haus schickt Ulo Ihnen über Dropbox ein Video auf Ihr Smartphone. Wird Ulo ausgeschaltet, schliesst sie ihre Augen. Ein komischer, aber nützlicher Kauz!www.mu-design.lu